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Flohzirkus der Kleinparteien
Ein Protestpotenzial, das diesmal den Kommunisten gefehlt hat. Sie verbuchen zwar ein fettes Plus im Vergleich zu 2010, es reicht aber trotzdem nicht für Platz Zwei. Fürst Schwarzenberg musste zur Kenntnis nehmen, dass seine Beliebtheit mit der Entfernung von den Prager Innenbezirken und Bürgerpalais stetig abnimmt, und seine Partei gut ein Drittel seiner Wähler verloren hat. Dass die ODS ins politische Nirgendwo degradiert wurde, ist vielleicht die einzige Nicht-Überraschung des Wahlabends. Der Erfolg des "Japaners" Tomio Okamura, der sich jedoch mit seinen romophoben Äußerungen immer wieder selbst aus dem Spiel nimmt, das überraschend souveräne Comeback der Christdemokraten im Parlament, sowie die Demütigung der Zeman-Parteigründung SPOZ mit nur anderthalb Prozent hatte keine der Umfragen vorhergesagt.
27. Oktober 2013 Sollte sich jemand vor einem möglichen Linksruck in Tschechien gefürchtet haben, so kann er durchatmen. Der Unmut der Wähler hat sich in die Wahlbewegung ANO kanalisiert, die vom Ex-Kommunisten, Privatisierungs-Profiteur und jetzigem Agrar- Industriellen und Medienbesitzer Andrej Babis geführt wird, und auf Anhieb fast 20% gewonnen hat.
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Oppositionsbank beliebt wie nie zuvor. Dieser Tage hat es den Anschein, dass die Oppositionsbank die beliebteste Sitzgelegenheit im Lande ist. Mehrheitsführer Bohuslav Sobotka nimmt zwar für sich die Rolle des designierten Premiers in Anspruch, steht aber allein auf weiter Flur. Nach dem Wegfall des Linksbündnisses schließt er am Wahlabend eine Zusammenarbeit mit ODS und TOP aus. Deswegen muss Sobotka folgerichtig eine "Links- Rechts-Regierung" mit ANO zusammenzimmern, die überdies noch einen Dritten im Bunde benötigt. Die Christdemokraten (KDU-CSL) stellen die Rückgabe des Kircheneigentums zur Bedingung. Okamura ist mit seiner "Usvit"-Bewegung ohne Bedingung bereit zu regieren, mit ihm geht Sobotka aber das Risiko einer internationalen Ächtung ein. Da tönt es aus der Prager Burg von Präsident Milos Zeman, der bei dieser Wahl mit seiner Partei SPOZ eine persönliche Schlappe einstecken musste: "Belgien ist zwei Jahre ohne Regierung gewesen. Niemand dort hat das bedauert." Möglicherweise wird also Übergangspremier Jiri Rusnok noch längere Zeit als Dauerprovisorium das Land regieren. Ob das für die anstehenden Reformen gut ist?
Andrej Babis
Wahl-Nachwehen: Machtkampf unter den Sozialdemokraten
"Wir wissen nicht, mit wem wir verhandeln sollen", meldete sich Wahlsieger Andrej Babis per Telefon-Interview mit seiner Tageszeitung "Mlada Fronta Dnes" aus seinem Anwesen an der Cota d'Azur, wohin er sich nach seinem Erfolg zurückgezogen hat. Bei den Sozialdemokraten ist Katerstimmung angesagt: Aufgrund der Wahlenttäuschung riet Staatspräsident Milos Zeman CSSD-Chef Bohuslav Sobotka die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten. Indes hat sich bereits der südmährische Kreishauptmann Michal Hasek in Lauerstellung begeben.
Von Brünn aus ins Prager Regierungspalais? Kurz nach Zemans Zuruf reagierte auch das CSSD-Präsidium und legte Sobotka nahe, den Vorsitz abzugeben. Es soll am Sonntag, einen Tag nach der Wahl, zu einem "Geheimtreffen" auf Schloss Lany zwischen Zeman, Hasek und weiteren hohen Parteifunktionären gekommen sein. Das könnte ein Indiz sein, dass Zeman Hasek mit der Regierungsbildung beauftragen will. All den Entwicklungen in seiner Partei zum Trotz will Sobotka auf eigene Faust in Regierungsverhandlungen treten. Er bezeichnete die Ereignisse als "Putschversuch" und werde bis zum nächsten Parteitag die CSSD führen.
Beim jüngsten Präsidententreffen zwischen Österreich und Tschechien deponierte Milos Zeman bei seinem Amtskollegen Heinz Fischer den Wunsch nach Wiederaufnahme der Bauarbeiten für das Jahrhundertprojekt Donau-Oder-Elbe-Kanal. Die Wasserstraße soll in ferner Zukunft die mährischen Regionen mit der Donau verbinden und so einen neuen Transportweg bis ins Schwarze Meer eröffnen. Das könnte vor allem der Schwerindustrie im Ostrauer Revier Vorteile bringen. Das Projekt, für das die Machbarkeits- und Umweltverträglichkeitsstudien vom tschechischen Verkehrsministerium Ende 2014 abgeschlossen sein sollen, ist vom Zeithorizont her großzügig auf das Jahr 2039 angesetzt, wie der "Niederösterreichische Wirtschaftspressedienst" verlautet. Die 370 km lange Verbindung soll parallel zur March verlaufen und im sich Raum Olmütz in zwei Verbindungsarme zu Oder und Elbe aufteilen. Dabei müssen Höhenunterschiede bis zu 250 m überwunden werden. Kosten (aus heutiger Sicht): knapp 16 Mrd. €.
Zeman möchte Bau des Donau-Oder-Elbe-Kanals
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Die CSSD und ihr Gordischer Knoten. Die Karten in der tschechischen Politik neu mischen und klare Verhältnisse schaffen, damit eine neue, entscheidungsfähige Regierung die liegengebliebenen Reformen und Projekte rasch angehen kann... Als im Sommer nach dem Scheitern der rechtsliberalen Regierung Neuwahlen angesetzt wurden, wollte man genau dieses Ziel erreichen. Jetzt hat der Wähler für ein Kräfteverhältnis im Abgeordnetenhaus gesorgt, das nur über eines Klarheit gibt: die Unzufriedenheit der Bürger mit ihren Politikern. Die Sozialdemokraten kommen als stärkste Kraft im Land nur knapp über die 20%-Marke, und zum Feiern war am Wahlabend wohl niemandem zumute. Die CSSD hat voll auf ein Linksbündnis gesetzt, dem jetzt die Mehrheit fehlt.
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Koalitionen sind nur in fragilen Dreierkonstruktionen möglich, wobei die CSSD zur Zusammenarbeit mit Andrej Babis oder mit den beiden verhassten Ex-Regierungsparteien TOP'09 und ODS verdammt ist. Sollte Parteichef Bohuslav Sobotka (Bild) oder sein parteiinterner Konkurrent Michal Hasek (siehe Artikel unten) mit der Regierungsbildung betraut werden, so haben sie eine schwierige Aufgabe vor sich. Der Gordische Knoten mutet dagegen wie ein lose gebundener Schnürsenkel an.
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Das starke Wahlergebnis sichert dem Magnat zwar jede Menge Einfluss auf die tschechische Politik, es stellt aber auch eine gewisse Bürde dar. Wie die politische Tätigkeit von seinem Agrarindustrie- und neuerdings auch Medienimperium getrennt werden soll, ist ebenso ungeklärt wie die parlamentarische Linie seiner 47 Abgeordneten. "'ANO' sagt NEIN zur Regierungsbeteiligung" lautete das Wortspiel vor der Wahl ["ano", das Parteikürzel, bedeutet im Tschechischen "ja", Anm.d.Red.]. Mittlerweile klingt das bereits anders: "Wir wollen nichts blockieren", sagte Babis nach der Wahl. "Ich bin als Manager gewohnt, schnell zu entscheiden und zu handeln." Es scheint, den Journalisten Rede und Antwort zu stehen, ist nicht ganz die Sache des Medienmachers. Möglicherweise sehnt er sich bald wieder weg von der tschechischen Innenpolitik, zurück ins einfache Milliardärsleben auf seinem Anwesen an der Cote d'Azur.
Endstand
20,45%
18,65%
14,91%
11,99 %
7,72%
6,88%
6,78%
CSSD
ANO
KSCM
TOP 09
ODS
USVIT
KDU-CSL
Sitze
Umfrage
50
47
33
26
16
14
14
PARLAMENTSWAHL 2013 - Ergebnis
Tschechien hat gewählt Ergebnisse der Parteien, Stärke der Parlamentsparteien in den Regionen + Links zu den Bezirken und Gemeinden Wahl 2013
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"Vielleicht hat ja der Präsident eine Idee"... ...ließ der Mann der Stunde, ANO-Spitzenkandidat Andrej Babis, kurz nach der Wahl im Interview über die künftige Regierungsform verlauten. Dass der Triumph auch für ihn unerwartet kam, war ihm leicht anzusehen. Über 18 Prozent der Wähler haben sich der "Aktion unzufriedener Bürger" des gebürtigen Slowaken und einstigen CSSR- Außenhandelsgeschäftsmannes angeschlossen.
TERMINE: 5.11., ab 19.00 Wirtschaftsstammtisch Österreich Chez Marcel Prag 1, Hastalska 12 6.11., ab 09.00 General Manager Roundtable KOSTENPFLICHTIG! Lichtgitter CZ Horni Sucha, U Lekarny 1 6.11., ab 18.00 Swiss Club Monatstreff Kavarna Adria Prag 1, Narodni 40 12.11., ab 18.00 "Man spricht Deutsch" Hotel Jurys Inn Prag 8, Sokolovska 11 26.11., ab 18.00 DTIHK- Wirtschaftsgespräch Podiumsdiskussion u.a. mit Premier Jiri Rusnok und den Ex-Wirtschaftsmi- nistern Karel Kühnl, Miroslav Gregr und Martin Kuba KOSTENPFLICHTIG! Tschechische Nationalbank Prag 1, Na prikope 28 2.12., ab 18.00 Wirtschaftsstammtisch Österreich Stopkova pivnice Brünn, Ceska 5 ENGLISCHSPRACHIGE VERANSTALTUNGEN IN PRAG: 31.10. Prague-TV- Halloween-Party Yes Club Prague Prag 2, Skretova 1 1.11. British Gala Evening Prague Crossroads Prag 1, Zlata 4
Pläne für die Wasserverbindung gibt es bereits seit Zeiten von Maria Theresia. 1939 wurde ein kurzes Teilstück als "Adolf- Hitler-Kanal" von Wien-Lobau nach Großenzersdorf eröffnet. Das Projekt hat aber vor allem in Österreich seine Gegner, weil es Naturschutzgebiete zerschneidet, in den Wasserhaushalt eingreift und durch Einwanderung fremder Fischarten das Öko- System stört. Auch die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Kanals mag angezweifelt werden: Einst wurde der Rhein-Main- Donau-Kanal als zukunftsweisendes Wasserprojekt gepriesen. Bis dato hat er seine Erwartungen nicht gerechtfertigt. Auch von der EU hat man bislang wenig Begeisterung vernommen.
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Graphik: casopisstavebnictvi.cz
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Bild: Pavol Freso
Michal Hasek