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Die neue
Zeman-Babiš-Republik
Doch um eine neue tschechische
Regierung ging es bei diesem Termin in Lány ohnehin nicht. Noch
nicht. Die Verhältnisse im neuen, neun Parteien umfassenden
Parlament sind derart komplex, dass es für die mit 29,6 Prozent
haushohe Siegerpartei ANO kaum möglich sein wird, in absehbarer Zeit
eine vom Plenum mehrheitlich getragene Regierung zusammen zu
schmieden. Ziemlich sicher wird es zu den Präsidentschaftswahlen
Mitte Jänner 2018 noch kein neues Kabinett geben, und genauso sicher
ist es, dass dabei die stärkste Partei ANO keinen Gegenkandidaten zu
Miloš Zeman ins Rennen schickt, und so dem Präsidenten eine große
Hürde zur zweiten Amtsperiode nehmen wird. Bereits am 7. November
verstreicht die Frist, bis zu der Kandidaten, mit ausreichend vielen
Unterstützungserklärungen im Gepäck, zur Wahl antreten können.
Das
Ergebnis der geschlagenen Parlamentswahlen ermöglicht nur ein
einziges Zweierbündnis - eine "Große Koalition" aus ANO
und der zweitplatzierten bürgerlich-konservativen ODS. Von Seiten
der ODS wird gebetsmühlenartig betont, dass sie für solch einen
Deal nicht bereitsteht, und Andrej Babiš, gegen den Ermittlungen
wegen EU-Subventionsbetrug und Amtsmissbrauch als Finanzminister,
sowie Vorwürfe der KP-Spitzeltätigkeiten ("Agent Bureš")
in der ČSSR-Ära laufen, nicht zum Regierungschef machen wollen.
"Wir lehnen das Angebot der Partei ANO zur Koalitionsbildung ab.
Auch eine Unterstützung einer Minderheitsregierung der ANO wird von
Seiten der ODS ausgeschlossen", antwortete ODS-Chef Petr Fiala
auf ein Angebot von ANO-Vizeobmann Jaroslav Faltýnek. Auch
Piraten-Käpt'n Ivan Bartoš gab Babiš einen Korb: "Wir wollen
mehr Offenheit und mehr Kontrolle in der Politik", sagte Bartoš.
Die Piraten stünden weder für ANO als Regierungspartner, noch als
Teil einer Anti-Babiš-Koalition zur Verfügung.
Derzeit sind nur die Rechtsextremen und
die Kommunisten bereit, mit Babiš eine Koalition zu bilden. "Eine
Zusammenarbeit mit ANO im Kampf gegen die Islamisierung wäre
möglich, aber instabil, weil der Premier jederzeit verhaftet werden
kann", argumentierte SPD-Anführer Tomio Okamura. Ein
Dreierbündnis ANO-SPD-KSČM wäre rechnerisch denkbar, würde aber
von nahezu allen ANO-Parlamentariern abgelehnt. Andererseits sind
auch Anti-Babiš-Koalitionen kein Thema, weil sie zwangsläufig die
rechte SPD in Regierungsämter hieven würden und außerdem diametral
gegen den Wählerwillen stehen.
Dem designierten Premier Andrej
Babiš stehen somit langwierige Verhandlungen ins Haus. Für den
milliardenschweren ANO-Chef wird das kaum Anlass zur Sorge sein, denn
Babiš hat sehr viel Zeit. Je länger die anderen Parteien, allen
voran die ODS, ANO die Mauer machen, desto größer wird das
Mobilisierungspotenzial für Babiš bei etwaigen Neuwahlen, aber auch
für Zeman bei den Präsidentschaftswahlen. Die alte Regierung von
Bohuslav Sobotka, in der ANO nach wie vor die Schlüsselressorts
besetzt, bleibt ohnedies bis auf Weiteres im Amt – mit der alten
Rollenverteilung: Erfolge nützen Babiš, die unangenehmen Dinge
werden den Koalitionspartnern angelastet.
Von Freund Miloš hat Andrej bereits
einen Freibrief bekommen: Sollte der erste Versuch, eine Regierung zu
bilden, nicht gelingen, werde er erneut Andrej Babiš beauftragen,
ließ Staatspräsident Zeman in Lány wissen. Dann heißt es "Zurück
an den Start", und es kann wieder monatelang weiterverhandelt werden.
Jedenfalls so lange, bis die Präsidentschaftswahlen geschlagen sind, und sich die beiden Freunde die Macht im Lande brüderlich geteilt
haben. Am Ende werden wohl bald - mit oder ohne kurze ANO-Minderheitsregierung - Neuwahlen anstehen, bei der Babiš weitere
Proteststimmen "abernten" will. In einer künftigen
"Zeman-Babiš-Republik" wird der Milliardär auch von der
Justiz nicht allzu viel befürchten müssen.
Es war nicht die gschichtsträchtige
Prager Burg, die Staatspräsident Miloš Zeman als Rahmen für den
Auftrag zur Regierungsbildung an den Wahlsieger Andrej Babiš gewählt
hat, sondern sein Lieblingsamtssitz auf dem ländlichen Schloss Lány.
Andrej und Miloš, wie sich die beiden neuen politischen Du-Freunde
gegenseitig ansprechen, gaben sich auf der anschließenden
Pressekonferenz betont in Eintracht. "Andrej, möge es Dir
gelingen!", gab Miloš seinem designierten Premier mit auf dem
Weg, wohl wissend, dass dies für Andrej eine Herkulesaufgabe werden
wird.
Auf dem ersten Blick ist es ein
Widerspruch, an dem sich Politologen, Kolumnisten, und letztendlich
die Politiker selbst, die Köpfe zerbrechen. Die wirtschaftliche
Situation, die Lage am Arbeitsmarkt und auch die Lage des
Staatshaushaltes ist so gut wie nie zuvor seit Gründung der
Tschechischen Republik. Aber drei der vier stärksten Parteien, die
zusammen mehr als die Hälfte der Bevölkerung repräsentieren, sind
allesamt Protestparteien. Sind die Menschen derart undankbar, geht es
ihnen zu gut, sind sie der Demokratie, Freiheit und den
Menschenrechten schon überdrüssig?, fragen die einen. Oder sind die
Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten bloß ein Blendwerk, das den Blick von
den Salons der Prager Kleinseite auf die Realität in anderen Teilen
des Landes verstellt?
Die Richtung der Wahl wurde in Bezirken
wie Karviná oder Chomutov vorgegeben, in Prag, Brünn, den
Großstädten und deren Umland wieder korrigiert. Erstmals seit 1989
hat bei einer landesweiten Wahl eine einzige Partei in sämtlichen
Bezirken die Mehrheit erreicht. Der "Aktion unzufriedener
Bürger" ist dabei ein Meisterstück des Politmarketings
gelungen. Sie konnte sich als rechtspopulistische Protestströmung
mit griffigen Sagern und Anti-Eliten-Rhetorik bei den Wählern
verkaufen, obwohl sie seit viereinhalb Jahren als Regierungspartei
dafür verantwortlich wäre, dass es möglichst wenige "unzufriedene
Bürger" geben soll. Ermittlungen und Spitzelvorwürfe gegen den
Polit-Star Andrej Babiš prallen ab. "Es ist doch nur EU-Geld
und kein tschechisches Geld, das er missbraucht haben soll", und
"ein bisschen Gauner steckt doch in jedem Menschen", sind
die häufigsten Argumente, mit denen Babiš von seinen Anhängern
verteidigt wird.
Die böhmische und mährische
Dorfidylle trügt. Die Landgemeinden leiden immer noch an den
Fehlern, die bereits vor Jahren gemacht worden sind. Im Raum zwischen den
Metropolen hat sich ein Identitätsvakuum gebildet. Die wenigen
"Potraviny"-Läden verschwinden aus den Orten, die
Platzwirten müssen zusperren, die Kommunikation und das aktive
Dorfleben erlahmen. Zum Einkaufen muss man kilometerweit fahren, wer
kein Auto hat, Pech gehabt. Junge Familien ziehen aus ihren
Heimatdörfern weg und kommen bestenfalls am Wochenende zurück. In
vielen Gemeinden ist die Kassa leer, und oft waren es auch Anreize
der EU, die die Kommunen in die Schuldenfalle gelockt haben. Die
Landbevölkerung empfindet die Entwicklung in ihrer unmittelbaren
Umgebung als Niedergang. Mit den Jubelzahlen aus der Wirtschaft kann
man hier kaum etwas anfangen. Eine Stimmung, die anfällig für
rechte Parolen macht, was sich diesmal nur allzu oft auch in der
Wahlzelle niedergeschlagen hat. Die SPD hat heuer die Kommunisten,
deren Wähler demographisch bedingt immer älter und weniger werden,
als Protestventil abgelöst. Die Wähler haben eine extrem
demokratiegefährdende Gruppierung enorm gestärkt.
Dass man auch anders protestieren kann,
sieht man am dritten Gewinner der Wahl: den Piraten. Politisch sind
die meisten Proponenten der Newcomer-Partei völlig unbeschriebene
Blätter. Ihr Wahlprogramm ist löchrig, die politischen Visionen
nebelig. Dennoch ist es ihnen gelungen, aus dem Stand heraus über 10
Prozent der Wähler für sich zu gewinnen, und im Endspurt sogar die
SPD zu überholen und Platz drei zu holen. Die Piraten punkteten
besonders bei der kritischen Jugend und den Innenbezirken der
Großstädte. In Prag haben die Piraten in den bevölkerungsreichen
Bezirken 2, 3, 5, 6 und 7 die Mehrheit errungen und liegen nur gut 3
Prozent hinter dem Wahlsieger ANO. "Ich habe diesmal die Piraten
gewählt. Sie sind neu und daher die einzigen, die mich noch nicht
enttäuscht haben", sagte ein Wähler bei einer
Nachwahlbefragung gegenüber dem tschechischen Fernsehen.
Apropos Enttäuschung: Die Wähler
haben allmählich der bürgerlichen ODS die Enttäuschung aus der Ära
des Premiers Petr Nečas verziehen und machten sie zur Nummer zwei.
Der beachtliche Erfolg für Parteichef Petr Fiala entpuppt sich beim
näheren Hinsehen aber als Pyrrhussieg. Die ODS ist zur Opposition
verdammt, es sei denn, sie bricht ihr eigenes Credo und lässt sich
nach langem, langem Drängen doch noch auf die Juniorpartnerrolle in
einer ANO-Regierung ein, bei der sie nur verlieren kann.
Wenn man bei einer Wahl von Platz eins
auf Platz sechs zurückfällt, dann ist Feuer am Dach. Die innere
Zerrissenheit der Sozialdemokraten hat die einst staatstragende
Partei an den Rand der parlamentarischen Existenz gebracht. Bohuslav
Sobotka, der brave Soldat, muss einem leid tun. Als Premierminister
wurde er zwischen Präsident Miloš Zeman und seinem Vizepremier
Andrej Babiš regelrecht zerrieben, dazu kamen parteiinterne
Reibereien zwischen Zemanisten und Realpolitikern, die über Jahre
hinweg viel Kraft gekostet haben. Sobotka muss den Großteil der
Niederlage auf seine Kappe nehmen, denn die Ausrufung der Neuwahlen
war allein seine Idee, die von den Wählern nicht goutiert worden
ist. Gut zwei Drittel der ČSSD-Wähler von 2013 kehrten der Partei
den Rücken. Die neue Doppelspitze -"Zemanist" und
Parteichef Milan Chovanec sowie "Realist" und
Spitzenkandidat Lubomír Zaorálek - ist durchgefallen.
Auch für Karel Schwarzenbergs
politische Erben (TOP'09) und für die Bürgermeisterbewegung STAN
lautet das Motto: "Selbstreflexion". Der knappe Einzug
beider Gruppierungen ins Parlament soll keineswegs als Erfolg
gefeiert werden. Er ist vielmehr ein Gnadenakt der städtischen
Bevölkerung. Wie für alle Parteien, die am 21. Oktober eine herbe
Niederlage erlebt haben, wäre auch für TOP und STAN eine Tour durch
die verlassenen Landstriche der tschechischen Provinz empfehlenswert,
dorthin, wo die Wahl diesmal entschieden worden ist.
Wahlergebnis:
Alarmstufe Rot in den Landregionen
Rechnet man bei den Parlametswahlen
2017 die Ergebnisse von Prag, Brünn und anderen Groß- und
Mittelstädten weg, so würde sich das Unterhaus völlig anders
zusammensetzen. Die Parteien der Mitte, TOP'09 und STAN, wären nicht
mehr vertreten, ANO wäre knapp davor, absolut regieren zu können,
und die extremen Rechten hätten an die 20 Prozent. Sie haben in
vielen Kleingemeinden bereits die relative Mehrheit gewonnen.
BALL DER ÖSTERREICHER IN PRAG
19.1.2018
Präsidentenwahl:
Sieben Kandidaten fix
Unter tschechischen Intellektuellen
ist der Orden des Weißen Löwen aus den Händen von Staatspräsident
Miloš Zeman nicht immer begehrt und unumstritten. Der deutsche
Altkanzler und frischgebackene Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft, Gerhard Schröder, hat die Ehrung aus Prag dankbar
angenommen. Neben Schröder wurden auch weitere Persönlichkeiten wir
die Eisschnellläuferin Martina Sáblíková, der Liedermacher Jaromír
Nohavica und Wiens Bürgermeister Michael Häupl mit dem Weißen
Löwen bedacht.
Gerhard Schröder und Miloš Zeman
verbindet die gemeinsame Freundschaft zum Kreml. Den Orden
des Weißen Löwens, die höchste Auszeichnung der Tschechischen
Republik erhielt Schröder aber für die Unterstützung als deutscher Bundeskanzler bei der Heranführung Tschechiens an die Europäische
Union. Auch der sozialdemokratische Wiener Bürgermeister wurde von
Zeman mit dieser Auszeichnung bedacht. Häupl, der 2002 über Zeman
nach einem Disput in der Sudetendeutschenfrage gesagt hat, er wolle
"mit diesem Herrn persönlich nichts mehr zu tun haben",
schlug in seiner Dankesrede versöhnliche Töne an: "Ich freue
mich nicht nur, sondern es ist mir zudem eine große Ehre, von
unserem nördlichen Nachbarland diesen Orden durch die Hand des
Herren Staatspräsidenten zu bekommen", sagte das Wieder
Stadtoberhaupt.
Nach den Wahlen ist vor den Wahlen.
Nach den Sitzen im Parlament bestimmen die Tschechen Mitte Jänner, wer auf dem Sessel am Schreibtisch des Tschechischen
Staatspräsidenten Platz nehmen darf. Eine Woche vor
Nominierungsschluss hat sich der Arzt und Polit-Aktivist Marek Hilšer
in die Liste der Kandidaten eingetragen.
Hilšer hat für seine Kandidatur nicht
Unterstützungsunterschriften aus der Bevölkerung gesammelt, sondern
sich von elf Senatoren als Präsidentschaftskandidat bestätigen
lassen. Der 41-jährige, in Chomutov/Komotau geborene Nordböhme ist
Leiter der 1. Medizinischen Fakultät der Karlsuniversität Prag.
Aufmerksamkeit erregte Hilšer erstmals 2014, als er sich im Rahmen
einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem holländischen Aktivisten
Otakar Van Gemund entblößte, und die beiden sich in Flaggen von EU
bzw. NATO hüllten, um gegen die Ukraine-Politik zu protestieren.
Hilšer hat sich auch mehrmals als Flüchtlingshelfer engagiert.
Neben Hilšer stellen sich auch
Amtsinhaber Miloš Zeman, der Vorsitzende der Akademie der
Wissenschaften Jiří Drahoš, der Diplomat Pavel Fischer, der
Künstler Petr Hannig, der Publizist Michal Horáček und Jiří
Hynek von der Partei der Realisten der Wahl.
Zeman
verleiht höchsten tschechischen Orden an Gerhard Schröder und
Michael Häupl
Endstand |
29,64% |
11,32% |
10,79% |
10,64 % |
7,76% |
7,27% |
5,80% |
5,31%
|
5,18% |
|
ANO |
ODS
|
PIRÁTI
|
SPD |
KSČM |
ČSSD
|
KDU-ČSL |
TOP'09
|
STAN |
Sitze |
78 |
25 |
22 |
22 |
15 |
15 |
10 |
7 |
6 |
PARLAMENTSWAHL 2017 - Endergebnis
Ergebnisse der Parteien, Stärke der Parlamentsparteien in den Regionen + Links zu den Bezirken und Gemeinden.
7.11., 9h
Grandior Hotel
Prag 1, Na Poříčí 42
7.11., 9h
DTIHK-Kuppel
Prag 1, Václavské nám. 40
7.11., 19h
Hotel Diplomat
Prag 6, Evropská 15
14.11., 18.30
Pizzeria Václavka
Prag 2, U Zvonařky 2d
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ENGLISCHSPRACHIGE VERANSTALTUNGEN
IN TSCHECHIEN:
8.11., 18h
Hotel Rott
Prag 1, Malé nám. 4
9.11., 8h
Happiness at Work Confefence
National House Vinohrady
Prag 2, Nám. Míru 9
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