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Startnummernausgabe - Der Startschuss in den
Endwahlkampf
Deutschland und Österreich haben es bereits hinter sich - jetzt bereitet sich die Tschechische
Republik auf den Intensivwahlkampf vor. Die Verlosung der Listenplätze ist hier der
symbolische Startschuss. Wie nicht anders zu erwarten, sieht CSSD-Chef Bohuslav Sobotka die
Pole-Position am Stimmzettel als gutes Omen. "Ich hoffe, dass uns die Eins Glück bringt und
ein Signal an die Wähler ist", frohlockt Sobotka. Auch die Partei von Karel Schwarzenberg zeigt
sich über die Auslosung (Nr. 4) zufrieden, auch wenn so manche argumentative Verrenkung
nötig ist: "Mir gefällt die Vier. Die erfolgreichsten Gruppen waren zu Viert - Beatles, Rolling
Stones, das Talich-Quartett" meint Partei-Vize Miroslav Kalousek. Ganz zufrieden scheint die
Zeman-Partei SPOZ mit Nr. 15 nicht zu sein - 15 Prozent am Wahltag wären ihnen lieber. "Wir
nehmen den Listenplatz und glauben, dass sie und Glück bringt", sagt SPOZ-Vizechef Vladimir
Krulis zu den Medien.
03. Oktober 2013
23 Tage bis zur Wahl, 24 Listen zur Auswahl.
Anders als in Deutschland oder Österreich, wo
die Listenplätze aufgrund der letzten
Wahlergebnisse vergeben werden, wird in
Tschechien die Reihenfolge auf dem Wahlzettel
gelost. Die in den Umfragen führende CSSD zog
dabei den symbolträchtigen Einser, die
Kommunisten finden sich ziemlich weit unten auf
Platz 21. TOP'09 zog die Vier, ODS hat 6, Zemans
Partei SPOZ ist in der Mitte des Zettels auf Liste
15 platziert.
Dabeisein ist alles: Kleinstparteien - von schrullig und
skurill bis radikal
Die junge Demokratie Tschechiens ist ein Land der
Kleinparteien. Zählt man alle Wahlwerbegruppen
zusammen, die heuer unter der 5%-Hürde landen
werden, wären sie gemeinsam wohl die zweitstärkste
Partei. Was auf dem ersten Blick als besonders mobile
und spontane politische Szene anmutet, ist in Wahrheit
nur der Ausdruck einer tiefen Politikverdrossenheit,
gepaart mit einer gewissen Ratlosigkeit. Man bedenke,
der überwiegende Teil der 24 zur Wahl antretenden
Listen wurde in den letzten beiden Jahren gegründet.
Listenplätze zur Parlamentswahl 2013
1 CSSD (Sozialdemokraten) | 2 Svobodni (Partei der freien Bürger; liberalkonsevativ und
europaskeptisch) | 3 Piraten | 4 TOP'09 | 5 "Kopf hoch!" (konservatives,
europaskeptisches Bündnis) | 6 ODS (Bürgerliche) | 7 Demokratische Partei der Roma
(Politische Vertretung der Interessen der Roma in Tschechien) | 8 Klub der engagierten
Nichtparteimitglieder (liberale Bürgerbewegung) | 9 "Wandel (Zmena)" (Bewegung des
ehemaligen grünen Bürgermeisters von Liberec Jan Korytar und
Präsidentschaftskandidatin Tana Fischerova) | 10 Partei der Selbständigen (konservative
Kleinstpartei) | 11 KDU-CSL (Christdemokraten) | 12 Rechter Block | 13 "Souveränität"
(europaskeptisch) | 14 "Aktiv unabhängiger Bürger" (Bewegung für direkte Demokratie) |
15 SPOZ (Partei des Staatspräsidenten Milos Zeman) | 16 "Bürger 2011" (Prager
Bürgerbewegung, orientiert sich am skandinavischen Staatsmodell) | 17
"Morgendämmerung" (Neugegründete Zentrums-Bewegung rund um den japanisch-
stämmigen Senator und Ex-Präsidentschaftskandidaten Tomio Okamura) | 18 DSSS
(extrem rechts) |19 CSS ("Tschechoslowakische Sozialisten") | 20 ANO (Bewegung des
Multimillionärs Andrej Babis) | 21 KSCM (Kommunisten) | 22 LEV21 ("Volkssozialisten
des 21. Jahrhunderts"; linke Splitterpartei) | 23 Grüne | 24 "Tschechische Krone"
(Monarchisten)
Quelle: STEM bzw. ppm-Factum
TERMINE
2.10., ab 18.00
Swiss Club Monatstreff
Kavarna Adria
Prag 1, Narodni 40
5.10., ab 18.00
Schweiz-Tourismus:
Alpabzug
Petramka-Park
Prag 5, Mozartova 1
16.10., ab 9.00
Speed Business Meeting
KOSTENPFLICHTIG
Hotel Jalta
Prag 1, Vaclavske nam. 45
22.10., ab 9.00
Konferenz Biogas
Hotel Jalta
Prag 1, Vaclavske nam. 45
23.10., ab 9.00
Automotive-Kongress
Holiday Inn Brno
Brünn, Krizkovskeho 20
Side-Event:
Österreichische
Automotive-Unternehmen
ENGLISCHSPRACHIGE
VERANSTALTUNGEN
IN PRAG:
11.10.
Canadian Thanksgiving
Dinner
Corinthia Hotel
Prag 4, Kongresova 1
1.11.
British Gala Evening
Prague Crossroads
Prag 1, Zlata 4
2013
Foto: raspenava.cz
Gerade aufgrund der Vielzahl an Kleinparteien sind wohl all jene zum Scheitern verurteilt, die
sich nicht auf funktionierende Parteistrukturen stützen können. Es müssen schon starke Polit-
Persönlichkeiten sein, die wie einst Karel Schwarzenberg mit seiner TOP'09 den Sprung ins
Parlament und in die Regierung schaffen. Von den Newcomern dieser Wahl wird es laut
Umfragen nur der Multimillionär Andrej Babis mit seiner Bewegung ANO schaffen.
Parallelen zu Frank Stronachs Partei in Österreich tun sich auf. Fixstarter ist natürlich auch die
SPOZ, die mit Rückenwind durch Parteigründer und Staatsoberhaupt Milos Zeman rechnen
darf. Ex-Premier Jiri Paroubek tritt mit seiner sozialistischen Kleinpartei LEV21 an, ihm werden
aber nur Resultate diesseits der 5% vorausgesagt. Ähnliches gilt für Polit-Job-Hopperin Jana
Bobosikova - sowohl mit ihrer neuen Bewegung "Kopf hoch!" (POWIDL berichtete), als auch mit
ihrer alten Partei "Souveränität". Der "Morgendämmerung" des politischen Senkrechtstarters
von 2012, Tomio Okamura, aus dem Land der Aufgehenden Sonne werden zwar Chancen
eingeräumt; dennoch ist es wahrscheinlich, dass die Morgensonne bald in den Wolken der 5%-
Hürde verschwindet. Wer gerne in der "Guten, alten Zeit" schwelgt, der ist bei den
Monarchisten ("Tschechische Krone") gut aufgehoben. Kaiser Franz Joseph begrüßt jeden
Besucher auf der Partei-Homepage. Trotzdem heißt es am 26. Oktober wohl "es war sehr
schön, es hat mich sehr gefreut".
Der "Rechte Block" ist vom Namen her selbsterklärend, dennoch bringt der Block für eine
Rechtspartei erstaunlich viel (vielleicht ungewollte) Selbstironie mit. Ganze 224 Wörter und
über 1500 Zeichen sind notwendig, um den offiziellen Parteinamen (siehe Wikipedia) korrekt
darzustellen. Wie diese Problematik auf dem Stimmzettel gelöst wird, auf dem ja der offizielle
Listenname angeführt werden soll, ist wohl interessanter als das Abschneiden der Partei
selbst.
Ratlosigkeit und Resignation könnten zu gefährlichen Strömungen führen
Noch Meilen weiter rechts angesiedelt ist die DSSS, die wieder einmal ihre Zulassung zu
demokratischen Wahlen erwirkt hat. Die antieuropäische, antisemitische, antiislamische,
romophobe und schwer rechtsextreme Bewegung sorgt vor allem mit dem Terror ihrer
Schlägertrupps in NSDAP-Manier gegen die Schwächsten im Lande für Negativschlagzeilen.
2013 wird die DSSS vom Wahlerfolg her noch keine Bedeutung haben, sollte die
wirtschaftliche Marginalisierung ganzer Gesellschaftsschichten in den Problemregionen
Tschechiens weiter voranschreiten, so lauert hier aber eine ernste Bedrohung. Auch aus
Reaktion auf die letzten Übergriffe wurde die "Demokratische Partei der Roma" im August 2013
gegründet. "Alle tschechischen Roma sollen ihr Recht wahrnehmen und wählen gehen", sagt
Parteichef Miroslav Tancos. Doch die Partei tritt nur in zwei Regionen an und ist somit
chancenlos auf einen Einzug ins Parlament.
Das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa IDM,
das Karl-Renner-Institut und
die Politische Akademie
laden sehr herzlich zur Podiumsdiskussion ein: "Tschechien vor den Wahlen"
Termin: 15. Oktober 2013, 10.00 Uhr
Ort: Presseclub Concordia, Bankgasse 8, 1010 Wien
Begrüßung:
Susan Milford, Geschäftsführerin des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa - IDM
Moderation:
Michael Schmölzer, Wiener Zeitung
Es diskutieren:
Bara Prochazkova, Chefredakteurin des tschechischen Magazins "Bel Mondo"
Jan Sicha, Collegium-Bohemicum, Journalist, Historiker, Prag
Niklas Perzi, Zentrum für Migrationsforschung in St. Pölten, Historiker und Publizist mit dem
Schwerpunkt Tschechoslowakei/Tschechien
Um Anmeldung wird gebeten: Institut für Donauraum und Mitteleuropa IDM, Hahngasse
6/1/24, 1090 Wien, Tel.: (+43 1) 319 72 58-0, E-Mail: idm@idm.at
"Powidl" Tipp
Vaclav Havel-Menschenrechtspreis an Ales Bjaljazki
Der erste Träger des Vaclav-Havel-Menschenrechtspreises heißt
Ales Bjaljazki. Der weißrussische Regierungskritiker ist eine
Speerspitze gegen das autoritäre Regime in seinem Land.
Der Bürgerrechtler ist seit 2011 nach einem Schauprozess im
Straflager. Die politische Verfolgung und vor allem die Art der
Prozessführung wurde von zahlreichen
Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert.
Den mit 60.000 € dotierten Preis hat Bjaljazkis Ehefrau
stellvertretend in Straßburg übernommen. Der nach Vaclav Havel
benannte Menschenrechtspreis soll ab 2013 jährlich vom Europarat
verliehen werden.
9.10. (TNS) |
28,5% |
12,5% |
11,0% |
6,5% |
12,5% |
4,5% |
6,0% 5,5% |
|
CSSD |
KSCM |
TOP'09 |
ODS |
ANO |
SPOZ |
KDU-CSL |
10.10. (ppm) |
22,8% |
17,1% |
13,2% |
7,2% |
12,1% |
4,7% |
5,9% |
PARLAMENTSWAHL 2013 - UMFRAGEN
Quelle: TNS Aisa bzw. ppm-Factum