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Fatale Folgen nach Sobotkas politischem Amoklauf
Die Zahlen stimmen. Die Wirtschaft läuft. Die Arbeitslosenzahlen sind gering wie nie. Die Löhne und Gehälter können spürbar angehoben werden. Tschechien erzielt einen historischen Budgetüberschuss. Die Regierung kann den einzelnen Ressorts Gelder zuteilen, anstatt zu kürzen. Kaum ein Regierungschef in Europa, der mit solchen Daten im Rücken nicht gerne in einen Wahlkampf ziehen würde. Tschechiens Premier Bohislav Sobotka hingegen sprengte am Dienstag nicht nur seine Regierung, sondern auch seine eigene Politkarriere in die Luft, und seine Partei ČSSD dazu in ein tiefes Loch.
04.05.2017
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"Ich kann als Premier nicht länger die Verantwortung tragen, dass jemand Finanzminister und Vizepremier ist, der des Steuerbetruges verdächtigt wird. Deswegen wähle ich die einzig mögliche Lösung, und das bedeutet, dass die Regierung ihren Rücktritt einreicht." Mit diesen Worten überraschte Sobotka nicht nur den angesprochenen Koalitionspartner Andrej Babiš von der ANO, sondern auch den Großteil seiner eigenen Parteifreunde. Verwunderung auch in großen Teilen der Bevölkerung, in der Wirtschaft und in der Politik quer durch das gesamte Parteienspektrum.
Ist es tatsächlich so, dass dem Regierungschef quasi über Nacht die Erkenntnis ereilt hat, dass der Mann, mit dem er über drei Jahre lang eine intensive koalitionäre Zusammenarbeit gepflegt hat, ein Steuerbetrüger sein könnte? Und warum hat Sobotka nicht einfach von seinem Recht Gebrauch gemacht, nur Finanzminister Babiš abzuberufen anstatt eine Regierungskrise zu provozieren? "Sobotka hat sich für ein gefährliches Spiel entschieden", analysiert Politologe Pavel Šaradín. "Er wird sehr überzeugend sein müssen." Entscheidend werden die nächsten Tage sein, ergänzt Politikexperte Kamil Švec. Sobotka habe aus einem persönlichen Problem zwischen ihm und Babiš ein Problem der Regierung gemacht. Es sei ungewiss, wie die Öffentlichkeit und der Präsident reagieren werden.
Sobotkas Entscheidung sieht nicht nach einer langerhand geplanten Aktion aus. Eher ist es ein unüberlegter Schnellschuss eines von Wahlumfragen verunsicherten und parteiintern bedrängten Politikers. Während die ČSSD in der Wählergunst absackt, streift der smarte rechtspopulistische Oligarch Babiš die Ernte der gemeinsamen Arbeit ein und ist in der Bevölkerung beliebter denn je. Anschuldigungen oder laufende Korruptionsverfahren spielen da nur eine Nebenrolle. So ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sobotka selbst der große Verlierer dieser Aktion ist, während Babiš als Gewinner vom Feld geht.
Stein des Anstoßes, der offizielle Grund für das Ende der Koalition, ist die "steuerschonende" Vorgangsweise Babiš' als Konzernmanager. Im Jahr 2012, vor seiner Zeit als Minister, aber als er bereits ANO-Politiker war, gab sein Unternehmen Agrofert steuerfreie Schuldscheine heraus, die Babiš der Firma abgekauft hat. Ein Systemmissbrauch, wie Kritiker meinen, denn diese Schuldscheine hätten nicht ausgegeben werden dürfen. "Sobotka hat mich als seinen größten Feind ausgewählt. Ich habe gemäß den Gesetzen gehandelt und als einziger Politiker die Steuererklärungen aus 20 Jahren veröffentlicht", verteidigt sich Babiš.

Reaktionen auf Sobotkas Demission
Kaum verständnisbereit für das abrupte Scheitern der Regierung so knapp vor Ende der Legislaturperiode zeigen sich sowohl Regierungspartner, als auch die Opposition. Der russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge wünschte sich Staatspräsident Zeman in einer Spontanreaktion Andrej Babiš als neuen Regierungschef. Einig sind sich die Regierungsparteien, dass es keine vorgezogenen Neuwahlen geben soll. ANO befürwortet, dass die derzeitige Regierung kommissarisch die Amtsgeschäfte bis zu den Wahlen im Herbst weiterführen soll. Dasselbe ist auch für die ČSSD vorstellbar - nur eben ohne Babiš. Auch die Christdemokraten wollen den Weiterbestand der Regierung, am besten ohne die beiden Streithähne Sobotka und Babiš.
Die konservative ODS fordert am lautesten Neuwahlen. "Wenn Präsident Zeman nur Sobotka abberuft, aber die Regierung belässt, zeigt er einmal mehr, dass wir ein besseres Staatsoberhaupt brauchen", sagte ODS-Parteichef Petr Fiala. Die liberale Partei TOP'09 hat bereits angekündigt, sich möglichst rasch für eine Sondersitzung des Parlaments einzusetzen, in der die Selbstauflösung samt Neuwahlen beschlossen wird. Dafür ist eine Mehrheit von 120 Abgeordneten nötig, was aus derzeitiger Sicht ein schwieriges Unterfangen ist.
Schlüsselfigur in jeder Regierungskrise ist der Staatspräsident. An seiner Entscheidung liegt es, in welche Richtung sich die Sache bewegt. Am Donnerstag führt Zeman eine Reihe von Gesprächen mit den Spitzen der Parteien. Grundsätzlich bestehen diese Möglichkeiten: Zeman nimmt den Rücktritt der Regierung an, betraut aber dieselbe Koalition in veränderter Personalstruktur mit der Fortführung der Amtsgeschäfte bis zum Herbst. Diese Variante gilt als wahrscheinlich, mögliche Kandidaten für den Übergangspremier sind Außenminister Lubomír Zaorálek oder Innemninister Milan Chovanec. Dass Zeman aber auch ein Freund der Expertenkabinette ist, hat er bereits 2013 nach dem Zerbrechen der ODS-TOP-Koalition bewiesen. Damals ließ er den heutigen Nationalbankchef Jiří Rusnok gegen die Parlamentsmehrheit regieren. Spätestens im Oktober muss aufgrund des Ablaufs der Legislaturperiode gewählt werden.
MEETING BRNO bietet jedes Jahr Ende Mai eine Plattform für die Begegnung von Menschen unterschiedlicher Ansichten, Kulturen und Religionen. Das Programm umfasst Autorenlesungen, Theater- und Musikveranstaltungen, Ausstellungen, Performances im öffentlichen Raum sowie Diskussionsforen mit inspirativen Persönlichkeiten.
Weitere Informationen: http://meetingbrno.cz/de
v.l.n.r. Bohislav Sobotka, Babis
J.-Rice-B.-Sobotka-A
Razzia im Fußballverband und im Ministerium
Neben dem Platzen der Regierungskoalition erschüttert dieser Tage ein handfester Fußballskandal die Sport- und Politikwelt. Im Fadenkreuz der Fahnder stehen Verbandspräsident Miroslav Pelta, der Chef der tschechischen Sportunion Miroslav Jansta, der ČSSD-Abgeordnete im Prager Rathaus Karel Březina, sowie hochrangige Mitarbeiter im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und dem Magistrat Prag. Es geht um eine mutmaßliche missbräuchliche Verwendung von Subventionsgeldern.
pelta
Miroslav Pelta
04.05.2017
Die konzertierte Polizeiaktion fand Mittwoch Früh gleichzeitig am Sitz des tschechischen Fußballverbandes (FAČR), im Sportministerium, im Prager Magistrat, sowie in Jablonec/Gablonz statt. Bei dem Einsatz gehe es um die Sicherung von Beweismaterial im Zusammenhang mit Sportförderungen, sagte die Leiterin der Prager Staatsanwaltschaft Lenka Bradáčová. Die Aktion gipfelte in der vorübergehenden Festnahme von FAČR-Präsident Miroslav Pelta. Unter den Verdächtigen wird auch die Vize-Sportministerin Simona Kratochvílová geführt. Aus dem Ministerium wird ein Fördervolumen von jährlich ca. 600 Mio. CZK (22,3 Mio. Euro) für den Bereich Fußball ausgeschüttet.
Laut Informationen der Tageszeitung Deník soll es konkret um Unregelmäßigkeiten rund um den Umbau des tschechischen Nationalstadions in Prag-Strahov gehen. Ermittlungserkenntnisse belasten in dieser Causa den sozialdemokratischen Prager Gemeindratsabgeordneten und Ex-Vizebürgermeister Karel Březina sowie die Leiterin der Prager Magistratsabteilung für Sport Soňa Fáberová. Březina wurde von zwei Beamten in Zivil abgeführt, vermeldete ČTK. Auch in Jablonec, der Heimatstadt des Fußballpräsidenten Pelta, wurden Razzien bestätigt. Unter Hinweis auf laufende Ermittlungen hat die Staatsanwaltshaft den Medien gegenüber keine Angaben zu näheren Details der Aktion gemacht. Für die involvierten Personen gilt die Unschuldsvermutung.
POWIDL-Kommentar: Vorboten eines Koalitions-Rosenkrieges?

Dienstag Nachmittag kündigt der Premier die Koalition auf, unter dem Hinweis, dass gegen den Parteichef des Regierungspartners wegen Steuerbetruges ermittelt wird. Mittwoch um 8 Uhr Früh fahren die Einsatzkräfte auf, um einen Skandal aufzuklären, der vorwiegend die Premier-Partei betrifft. Auge um Auge, Skandal um Skandal? Ein wenig weht um den Prager Fußballskandal der Odeur des Politikums. Gut, wenn dabei Missstände aufgedeckt und die Verantwortlichen bestraft werden. Schlecht für die Optik, wenn die Staatsanwaltschaft danach ohne konkrete Ergebnisse dasteht. 
NACHTRAG NACH REDAKTIONSSCHLUSS

Beim heutigen Treffen zwischen Premier Bohuslav Sobotka und Präsident Miloš Zeman kam es zu einem vorläufigen Rücktritt vom Rücktritt. Sobotka gab bekannt, dass er die Demission erst in zwei Wochen, nach Zemans Ruckkehr von seiner China-Reise (11.-18.5.) einreichen werde.
Entgegen seiner Ankündigungen wolle Sobotka "nur über die aktuelle politische Lage" mit Zeman sprechen. Die Unterredung dauerte ungewöhnlich lange, bei der gemeinsamen Pressekonferenz kam es zum Eklat. Als Sobotka das Wort ergriff, richtete Zeman seinen Gehstock auf ihn und verließ demonstrativ den Saal.

10.5., 19h
DTIHK-Kuppel
Prag 1, Václavské nám. 40

25.5., 9h
DTIHK-Kuppel
Prag 1, Václavské nám. 40

6.6., 19h
Hotel Diplomat
Prag 6, Dejvická 15

7.6., 18.30
Pizzeria Václavka
Prag 1, Václavské nám. 48
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ENGLISCHSPRACHIGE VERANSTALTUNGEN
IN TSCHECHIEN:

18.5., 18.15
Spohie's Garden
Prag 1, Slovanský ostrov 8

2.6., 8.30
Golf Resort Karlovy Vary
Carlsbad, Pražská 125
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