POWIDL im neuen Gewand!
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Isolations-Hardliner schwenkt um auf
"Herdenimmunität"
Innerhalb von nur wenigen Tagen surfte
Vize-Gesundheitsminister Roman Prymula von einem Ende des
Meinungsspektrums zum anderen. Prymula war von Beginn der Ausrufung
des Notstandes bis zum 30. März Chef des Corona-Krisenstabs. In
dieser Funktion hat er dank seiner Expertise als Epidemiologe einen
extrem harten Kurs, vor allem was die Einschränkung der
Bewegungsfreiheit und die Grenzschließungen betrifft, vorgegeben. Er
schockierte die Bürger, indem er eine Ein- und Ausreisesperre von
"bis zu zwei Jahren" in Aussicht gestellt hat. Ganz andere
Töne hörte man jüngst in einem Interview für DVTV: Prymula sprach
davon, große Teile der Bevölkerung "der Krankheit
auszusetzen".
Man musste genauer hinsehen, ob sich
nicht doch ein Doppelgänger einen verspäteten Aprilscherz erlaubt
hat. Aber es war tatsächlich der in den letzten Tagen medial
omnipräsente Epidemiologe, der sichtlich von seinem ursprünglichen
Kurs abgekommen ist. "Sofern man die Risikogruppen schützen
kann, sollte der Rest der Bevölkerung der Krankheit ausgesetzt
werden. Das betrifft natürlich nicht alle Menschen hierzulande, aber
sicher diejenigen, bei denen der Verlauf nicht schlimmer wäre als
bei einer Grippe. Vor allem bei Jüngeren und Bürgern ohne
Vorerkrankung dürfte es da kein Problem geben", ließ Prymula
gegenüber DVTV aufhorchen.
Bild: Ministerstvo zdravotnictví České republiky
Auch Prymulas Chef im Ressort,
Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos für ANO), argumentierte
ähnlich wie er, wenn auch in abgeschwächter Form: "Da die
Einschränkungen schrittweise zurückgenommen werden, kommt es
möglicherweise zu vermehrten Ansteckungen in der Bevölkerung. Das
wäre dann eine natürliche Form der Immunisierung der Menschen
hierzulande", erklärte Vojtěch. Premier Andrej Babiš hat
allerdings sofort auf Prymulas Vorstoß reagiert und gegenüber den
Medien seine Skepsis zum Ausdruck gebracht. "Ich denke, dieser
Weg ist sehr riskant. Ich selbst bin kein Epidemiologe, weshalb die
zentrale epidemiologische Kommission ein solches Konzept bewerten
müsste. Ich persönlich kann mir das aber nicht vorstellen, denn wir
setzen auf eine Eliminierung des Erregers und einen aktiven Kampf
gegen weitere Ansteckungen", sagte Babiš, der im Kampf gegen
das Corona-Virus lieber auf "Smart Quarantäne", also auf
die Überwachung der Handydaten in Tschechien setzen will.
Prymula feierte mit der Corona-Krise eine politische Wiedergeburt. Er
wurde vom damaligen Gesundheitsminister Svatopluk Němeček (ČSSD)
als Chef der Fakultätsklinik in Königgrätz entlassen, weil er im
Interessenskonflikt mit der Firma Biovomed, die seiner Tochter
gehörte, stand. Anfang 2019 erhielt der mittlerweile zum
Vizeminister aufgestiegene Arzt die Auflage, bis März 2020 die
Umstände rund um durchgeführte Ausschreibungen aus jener Zeit
offenzulegen. Die Behörden haben den Fall noch nicht endgültig
geprüft, und eigentlich wollte Prymula schon seinen Rücktritt
ankündigen, um sich "mehr der Forschung zu widmen".
Aufgrund der Notstandslage hat die Regierung einen eigenen Beschluss
gefasst, der es dem Epidemiologen ermöglicht hat, den Krisenstab zu
leiten. Nach zwei Wochen löste ihn Innenminister Jan Hamáček
(ČSSD) in dieser Funktion ab. Obwohl Prymula auf der Webseite von
ANO zu sehen ist, dementierte er eine Mitgliedschaft in dieser
Partei. Bei den Senatswahlen 2014 bewarb sich Prymula im Wahlkreis
Königgrätz für die von Präsident Miloš Zeman gegründete Partei
SPO.