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POWIDL im neuen Gewand!
Neues Layout, aktueller, übersichtlicher
Der Aufstieg auf die Schneekoppe, den höchsten
Berg Tschechiens, ist in 3 1/2 Stunden zu
bewältigen. Der Weg ist einfach, darf aber
trotzdem auf keinen Fall unterschätzt werden.
Gutes Schuhwerk und gute Wetterkenntnisse
sind unabdingbar. Und da gibt es auch noch
"Rübezahl", den Berggeist. "POWIDL" erlag dem
Rufen des Berges und der Bergdämonen und
begab sich mitten ins Riesengebirge.
Vielleicht war es das Bedürfnis, auch einmal das Land, über das wir berichten, von ganz oben zu sehen, vielleicht war
es die Abenteuerlust, auf den Spuren des Berggeistes Rübezahl (tsch. Krakonos) zu wandeln, vielleicht war es einfach
nur unsere überschüssige Energie, die uns zum Besteigen und Überqueren der Schneekoppe veranlasst haben. Die Route
war schnell festgelegt: Um einen möglichst frühen Aufbruch zu ermöglichen, beschlossen wir in Trautenau (Trutnov) zu
nächtigen, zeitig in der Früh per Bus nach Petzer (Pec pod Snezkou) zu fahren, und wählten die leichte Aufstiegs-
variante entlang der Aupa (Upa) durch den Riesengrund (Obri dul) hinauf aufs Schlesierhaus, und danach den
Kammweg (der tschechisch-polnische "Freundschaftsweg") auf den Gipfel. Der Abstieg danach soll ins niederschlesische
Krummhübel (poln. Karpacz) erfolgen.
In 3 1/2 Stunden der höchste Mann,
die höchste Frau im Staate
Text und Bilder:
Stefan Weiß
powidl Reisebericht
Die Ankunft im heute 30.000 Einwohner zählenden
Hauptort der östlichen Riesengebirgsregion erfolgt am
Abend. Trutnov präsentiert sich auf dem Weg vom
Bahnhof zum "Rübezahlplatz" (Krakonosovo namesti) als
sauberes, adrettes Sudetenstädtchen mit renovierten
Bürgerhäusern und dem in Böhmen üblichen
quadratischen, arkadengesäumten Hauptplatz. Auf
ebendiesen Platz, der nach Rübezahl benannt ist, haben
wir uns einquartiert. Genauer gesagt im "Grand Luxury
Hotel", denn Luxus wird es am nächsten Tag ohnehin
keinen geben. An der Rezeption werden wir schon
erwartet und herzlich empfangen. Pluspunkt für Trutnov!
Das Zimmer zu 1200 Kronen ist geräumig und mit Blick
auf den Platz. Was will man mehr? Abendessen! Es ist
generell schwer, in tschechischen Kleinstädten zu
fortgeschrittener Stunde etwas Essbares aufzutreiben.
Trautenau macht hier keine Ausnahme. Nach drei
vergeblichen Versuchen landen wir schließlich in der
Pizzeria La Piazza. Das Lokal ist gut gefüllt, am
Nebentisch eine Gruppe aus Holland und England. Der in
wenigen Tagen beginnende Musikfestival Trutnov wirft
seine Schatten voraus. Es gibt Bruschetta und Gnocchi in
Gorgonzolasauce. Das "leichte" Abendessen entpuppt
sich als nicht ganz so leicht - die Bruschetta sind üppig
und gut gewürzt. Auch die Gorgonzolagnocchi geben
keinen Anlass zur Kritik, der Preis - 14 € für 2 Personen
inklusive Bierkonsum - spricht für sich.
Trautenau (Trutnov) - verträumt
und sympathisch
Es ist 7.30, als wir mit Sack und Pack den Bus Richtung Petzer
besteigen. Nach kurzem Aufenthalt in Freiheit an der Aupa
(Svoboda nad Upou), wo sich die Buslinien aufteilen, erreichen
wir die Hotelstadt Pec. Es ist ein Ort, der sich kilometerweit im
Aupatal erstreckt. Pensionen und Hotels reihen sich
aneinander, oft mit abstoßender Architektur. Tiefpunkt ist
sicherlich der 18-stöckige Betonblock des Hotels Horizont, bei
dem sich der Vergleich mit der italienischen Retortenstadt
Sestriere aufdrängt. Massentourismus auf Tschechisch, soweit
es die örtliche Infrastruktur zulässt. Bei einem Verkaufsstand
ergattern wir einige Flaschen Wasser für den Aufstieg. Wir
kämpfen uns durch Souvenirstände mit Rübezahlkitsch
fernöstlicher Machart. Nach wenigen Metern liegt die
Hässlichkeit Petzers hinter uns. Der Berg ruft!
Comecon-Ästhetik im "Sestriere des Riesengebirges"
Steil. Die Beschaffenheit des Wanderweges macht es
nicht gerade einfach: immer wieder große, lockere
Steinbrocken, die den Schritt bremsen. Ohne festes
Schuhwerk ist man hier chancenlos. Bei Regen
vermischen sich das Erdreich und die zahlreichen
Tannennadeln auf den glatten, steilen Steinen in eine
Rutschbahn.
Da es anschließend über die polnische Seite der
Schneekoppe weitergehen soll, trage ich einen großen,
schweren Rucksack. Das wird mir mit jedem Schritt mehr
bewusst. Jeder Höhenmeter ist ein Kampf. Was eine
kurze Linie auf der Karte ist, entpuppt sich in der Realität
als Marathonstrecke. Und endlich, das erlösende Schild:
"Pozor! Statni hranice - Achtung! Staatsgrenze". Das
Etappenziel, der Kammweg und die Raststation
Schlesierhaus ist erreicht.
Wald, Schweiß und Steine
Der erste Teil des Weges ist gemütlich und angenehm. Der Pfad führt durch schattige Wälder, immer dem Fluss Aupa
entlang. In der Ferne der Gipfel der Schneekoppe. Der Riesengrund, den wir durchwandern, ist die älteste Ansiedelung
im Raum Petzer. Forstleute aus der Steiermark, Kärnten und Tirol siedelten einst hier und versorgten die nahen
Silberbergwerke mit Holz. Der Weg führt zur Baude "Unter der Schneekoppe" (Bouda pod Snezkou). Hier ist die letzte
Gelegenheit, noch einmal Proviant zu fassen und die Kräfte für den Anstieg zu sammeln. Von nun an geht's bergauf.
Steil bergauf.
Um das Schlesierhaus, das bereits in Polen liegt, tummeln sich jede Menge Wanderer. Aus der Touristenstadt
Krummhübel am Fuße des Berges sind bereits Tausende Gipfelstürmer über die flachere Nordseite des Berges
aufgebrochen. Wir stärken uns erst einmal von den Strapazen. Der Versuch, mit Kronen zu zahlen, wird mit einem
mitleidigen Lächeln quittiert. Zum Glück sind vom letzten Polen-Aufenthalt noch einige Zloty übriggeblieben. Den
schweren Rucksack erst einmal im Abstellraum verstaut, wandert es sich leichter der Snezka bzw. Sniezka, wie die
Schneekoppe auf Polnisch heißt, entgegen. Die letzten 300 Höhenmeter auf den kuppelförmigen Berg werden
spiralförmig bewältigt. Der Tschechisch-Polnische Freundschaftsweg schlängelt sich hinauf, und seit Schengen ist es
ohnehin egal auf welcher Seite der Staatsgrenze man sich befindet.
Die letzten Meter zum Gipfelsieg
Ziel erreicht! 1602 Meter. Höher geht's nicht in Tschechien! An klaren Tagen,
so sagt man, kann man von hier aus bis Prag sehen, in die andere Richtung bis
Breslau. An diesem Tag lag jedoch zu viel Dunst in der Luft, die Weitsicht war
auf 20-30 Kilometer beschränkt. Dennoch ein überwältigender Ausblick!
Begießen wir also den Gipfelsieg. Am Gipfelplateau der Schneekoppe
beobachtet man das gleiche Phänomen wie überall an der polnisch-
tschechischen Grenze: rege Betriebsamkeit und Geschäftigkeit in Polen,
Tristesse auf tschechischer Seite. Dort, wo einst eine Bergstation stand, ehe
sie 2005 abbrannte, steht heute etwas, das an einen Behelfscontainer erinnert.
Oder ist das bereits der fertige Neubau? Egal, in dem Gebäude ist ein wenig
einladendes Cafe sowie das höchstgelegene Postamt Tschechiens
untergebracht. (Wer gibt hier oben eigentlich Briefe, Telegramme oder Pakete
auf?) Gut, wir wenden uns wieder der polnischen Seite zu und begeben uns in
die gut besuchte Stube.
Ein als Rübezahl verkleideter Student sitzt gleich beim Eingang, wird
fotografiert, lässt sich bereitwillig von den Kindern zeichnen, stempelt Wander-
pässe ab. Im SB-Restaurant nehmen wir nur Gulaschsuppe, um nicht allzu
überfüllt den Abstieg anzugehen, und stoßen mit dem "Rübezahlbier" Krakonos
an. Die Suppe schmeckt so, wie man es von einem Bergrestaurant erwarten
kann, vielleicht etwas dünn, aber letztendlich okay. Das Bier - es wird in
Trautenau gebraut - ist würzig und mit einem besonderen, angenehmen
Geschmack. Auch vom Preis her gab es keine negativen Überraschungen. Zu
wenige "westliche" Touristen haben sich anscheinend hierher verirrt.
Die Wanderung über die Schneekoppe
können wir gerne weiterempfehlen. Der
schönste Teil ist zweifelsohne die
lange Talzunge im Riesengrund auf
der böhmischen, sowie der Kleine
Teich (Maly Staw) auf der schlesischen
Seite. Die Natur - eine Augenweide!
Dennoch: wer die Strecke bewältigt
hat, dem ist zwar kurzfristig nicht
mehr nach Schneekoppe zumute, aber
er wird gewiss wiederkommen. Denn
nach einiger Zeit wird er wieder vom
Berggeist Rübezahl gerufen!
Kopfsteinpflaster-Highway. Der Weg hinab zum Schlesierhaus ist mittlerweile zu schmal, um die Massen, die vom Tal
her zum Gipfel strömen, und die Massen, die wieder hinunter wollen, fassen zu können. Wie eine Ameisenstraße wirkt
der Weg und erinnert an den Touristenpfad über die Karlsbrücke in Prag. Kinder und Hunde laufen quer. An manchen
Stellen ist die Enge gefährlich, weil der Abhang nicht ausreichend gesichert ist. Im Schlesierhaus nehme ich widerwillig
wieder meinen schweren Rucksack auf. Der Abstieg erfolgt durch das landschaftlich wunderschöne Nationalparkgebiet,
vorbei an klaren Bergseen, gastlichen Hütten - hier nennt man sie "Bauden" und durch schattige Wälder. Aber nach so
langer Wanderung hat man dafür leider nicht den nötigen Blick. Den muss man nämlich genau dorthin richten, wo man
den Fuß hinsetzt. Der Weg bis Krummhübel/Krapacz ins Tal ist mit Kopfstein gepflastert. Viele davon ragen
zentimeterweit heraus, manche sind locker. Stolpergefahr pur. Nach jedem der 10 Kilometer bergabwärts nervt das
Pflaster mehr. Dafür wähnt man sich am Zielort nach all den Strapazen in einem freundlichen, gut ausgestatteten
schlesischen Bergstädtchen.
Im Riesengrund
Schneekoppe - Gipfelweg
Unten: Baude am Kleinen Teich