Peter
Kellner war 1989 fünfundzwanzig und arbeitete als
Produktionsassistent für eine Filmproduktionsfirma. Heute belegt er
mit einem Vermögen von 15,5 Milliarden US-Dollar den 73. Platz in
der globalen Rangliste der Reichen laut Forbes. Das
PPF-Imperium, in dem Kellner zu 99 Prozent vertreten ist, ist in 21
Ländern präsent. Das Vermögen von PPF überstieg im
vergangenen Jahr eine Billion Kronen (39,2 Mrd. Euro) mit einem Jahresgewinn von 22
Milliarden (862 Mill. Euro).
PPF
ist in den Bereichen Finanzen, Telekommunikation, Immobilien,
Ingenieurwesen, Biotechnologie, Einzelhandel und Unterhaltung
tätig. Das Unternehmen beschäftigt fast 150.000 Mitarbeiter. Zurzeit startet
Kellner gerade eine Expansion auf einem neuen Gebiet. Er kauft
das multinationale Unternehmen CME - die Eigentümer des
tschechischen TV Nova und anderer Fernsehunternehmen in fünf
europäischen Ländern. Das Investitionsvolumen liegt bei fast
48 Mrd. Kronen (1,88 Mrd. Euro).
Gegenwind
durch den Einstieg ins Mediengeschäft
Hatte Kellner bisher ein verhältnismäßig ruhiges Leben, so schlug
ihm zum ersten Mal nach Bekanntgabe der Übernahme der CME Group
eine Welle von Spekulationen entgegen. Man munkelte über den
angeblichen Versuch, Einfluss zu erlangen und die öffentliche
Meinung und Politik im Sinne der eigenen Bedürfnissen zu
beinflussen. Plötzlich wurden viele Aktivitäten in Frage gestellt, wie beispielsweise eine Spende von einer halben Million Dollar an die
Karlsuniversität (UK), die den Protest von einigen Wissenschaftler nach
sich zog, die PPF vorwerfen, sich zu sehr für das
kommunistische China einzusetzen. Insbesondere Sinologen
befürchteten Druck. Darüber hinaus bezeichnet Anna Zadadová vom Fernost-Institut der UK gegnüber Echo24, die Kreditvergaben von
Kellners Home Credit-Bank als "ethisch fragwürdig" - wenn
auch legal. Sie möchte auch nicht, dass "eine
Privatperson von einer Partnerschaft mit der ältesten
mitteleuropäischen Universität profitiert".
Kellner
steht seit Jahren im Verdacht, dass seine Gruppe hinter den Kulissen
Kontakte zu Politikern geknüpft hat. Dass sie heimlich die
Außenpolitik gegenüber China oder Russland beeinflussen. Sein
Geschäft mit Konsumentenkrediten wird von einigen Tschechen als eine
Art legaler Wucher angesehen. Schließlich stellen die Ursprünge
von PPF zum Zeitpunkt der Privatisierung in den 1990er-Jahren auch
ein Reputationsrisiko dar.
Es begann in den Neunzigern
Nach
der Samtenen Revolution arbeitete Kellner für die tschechische Firma
Impromat, einem Importeur und Verkäufer von
Ricoh-Fotokopiergeräten. Während seiner Tätigkeit für dieses
Unternehmen lernte er Milan Maděryč und Milan Vinkler kennen. Die
drei gründeten 1991 PPF (První
privatizační fond)
den ursprünglich ersten Privatisierungsfonds. Das
Trio hatte einen glänzenden Start: Sie überredeten den Chef des
Staatsunternehmens Sklo Union Teplice, Štěpán Popovič, ihnen 40
Millionen Kronen (1,57 Mill. Euro) zu leihen - damals eine gewaltige Summe. "Kellner
war der einzige, der genau wusste, was zu tun war und wie es
funktionieren sollte", erklärte Popovič später gegenüber der Tageszeitung "MF
Dnes".
Dank
diesem Darlehen konnten Aktien
von mehr als 200 Unternehmen mit einem Nennwert von 5 Mrd. Kronen (195,9 Mill. Euro) gekauft und unter Kontrolle gebracht werden. Viele
Operationen wurden durch Korruption erleichtert. Eine inländischen
Boulevardzeitungen titelte wie folgt: "Kellner wurde reich, als
eine Republik ausgeraubt wurde."
Im
Gegensatz zu beispielsweise Viktor Koženýs Harvard Funds oder CS
Funds hat PPF seine Anleger aber nicht bestohlen. In Übereinstimmung
mit den Gesetzen dieser Zeit gelang der nächste Durchbruch: Česká
pojišťovna. In
den Jahren 1995 und 1996 erwarb PPF 20 Prozent der Anteile an der
größten tschechischen Versicherungsgesellschaft, Česká
pojišťovna, und begann mit deren Verwaltung. Im Jahr 2000
erwarb PPF von IPB 31,5 Prozent der Anteile an Česká pojišťovna
für 2,85 Mrd. Kronen (111,7 Mio. Euro). Die Transaktion mit IPB endete damit, dass
IPB eine Strafe in Höhe von 1,6 Mrd. Kronen (62,7 Mio. Euro) an PPF entrichtete, wodurch
die tatsächlichen Anschaffungskosten des Anteils 1,25 Mrd. Kronen (48,97 Mio. Euro) betrugen. Später erwarb PPF weitere Anteile und wurde 2001 der
dominierende Eigentümer (93 Prozent), als PPF große Anteile von der
Komerční banka erwarb. Mit Hilfe
dieser profitablen Transaktionen wurden die letzten Investoren aus
der Gutscheinprivatisierung aufgekauft und Petr Kellner wurde der
dominierende Eigentümer der PPF-Gruppe.
Für Kellner war dies ein
Wendepunkt: Er durchlief eine Schule der Verhandlung und der
politischen Lobbyarbeit. Es erwarb relativ billige
Vermögenswerte im Wert von mehreren zehn Milliarden Kronen. Und
er stieß auf das Konsumentenkreditgeschäft, das dann zur Lokomotive seines Wachstums wurde. Im Jahr 2007 unterzeichnete
die PPF-Gruppe einen Vertrag mit Assicurazioni Generali über die
Gründung eines Joint Ventures zwischen der Versicherungsbranche der
PPF-Gruppe und den Gesellschaften von Assicurazioni Generali in der
Tschechischen Republik, der Slowakei, Polen, Ungarn, Rumänien,
Bulgarien, der Ukraine, Russland, Serbien, Slowenien, Kroatien, Belarus und Kasachstan. Internen Quellen zufolge war der Anteil der
PPF-Gruppe von Anfang an 49 Prozent. Petr Kellner wurde Mitglied des
Verwaltungsrates von Generali. Kellner selbst kaufte später
2,02 Prozent der Anteile an der Assicurazioni Generali.
2013 verkaufte Kellners PPF ihre restlichen Anteile an der
Generali PPF Holding (GPH) für 2,5 Mrd. Euro an die Muttergesellschaft Generali, die mit
Wirkung zum Jahresende 2014 alleiniger Eigentümer wurde. Seit 2015
ist Kellner nicht mehr Mitglied des Generali-Verwaltungsrats.
Ein
Jahr nach dem Ausstieg aus der Generali PPF Holding erwarb Kellner
zwei Drittel des O2-Telekommunikationsbetreibers für 64 Mrd.
Kronen (2,5 Mrd. Euro) und begann eine weitere transnationale Expansion in
einem völlig neuen Bereich. Heute macht das IKT-Segment etwa
ein Viertel des Eigenkapitals von PPF aus und deckt sechs europäische
Länder ab. Die Geschäftsbereiche wurden systematisch
ausgebaut, Kellner begann mit dem Kauf von Medien und stieg auch in
das LKW-Maut-Geschäft ein.
Umstrittenes
China
Das
Engagement von Kellners Home-Credit-Bank in China erhitzt die Gemüter in Tschechien. Die Gesellschaft
wird verdächtigt, tschechische Politiker zu freundschaftlichen
Gesten in Richtung des nicht-demokratischen,
menschenrechtsverletzenden Staates gedrängt zu haben. China
ist Kellner wichtig. Die Bank macht den
größten Umsatzanteil aus.
Auf
der anderen Seite ist der chinesische Markt selbst für Škoda Auto
mit Abstand der größte, im vergangenen Jahr wurden ein
Viertel der Autos ins Land der Mitte verkauft. Ebenso wie PPF ist auch Škoda Auto daran interessiert, die guten politischen Beziehungen zu dem Land aufrechtzuerhalten. Im Gegensatz zu
Kellner müssen Škoda-Manager jedoch den Verdacht der Lobbyarbeit
nicht widerlegen, und Wissenschaftler an der Karlsuniversität würden
ihnen wahrscheinlich ihr Sponsoring-Geschenk abnehmen.
Die PPF ist immer offen für die
tschechisch-chinesischen Beziehungen eingetreten. Sie war an
der Organisation bilateraler Handelsforen beteiligt, deren Schirmherr
Präsident Milos Zeman war. Ihre Manager begleiteten ihn zu
chinesischen Staatsbesuchen. Sie haben aber auch mit dem
ehemaligen Industrieminister und anscheinend anderen Politikern, die
nicht wie Marta Nováková öffentlich darüber gesprochen hatten,
Lobbyarbeit geleistet. Bisher
gab es jedoch keine Anzeichen dafür, dass PPF durch illegale
Methoden oder Korruption gezwungen sein würde, sich in China zu
engagieren. "Wir
gehen nicht in die Politik, wir werden es nicht tun, wir wollen die
öffentliche Meinung nicht beeinflussen", argumentiert man von Seiten der PPF. Und ihre Sicht auf China sei rein pragmatisch.
"China
hat eine andere Kultur, es ist schwierig die europäische Optik darauf
anzuwenden", sagte PPF-Miteigentümer Ladislav Bartoníček in einem Interview mit
Seznam. Sie sind sich einig, dass China nach europäischer
Auffassung ein repressives Regime ist. "Aber die Frage ist,
welche Alternativen es gibt. Wenn jemand sagt - wir werden nicht
mit China handeln - dann wird sein Platz sofort von anderen besetzt: von Deutschen, Franzosen…", fügte Bartoníček hinzu.
Die
Abneigung gegen Kellner kann einen weiteren Grund haben. "Wenn
man hier von einem Milliardär spricht, klingt das wie ein Räuber",
sagte Energiemanager Tomáš Drápela kürzlich in einem Interview
mit Seznam. Das ist die gewohnte Ansicht die man erfolgreichen Tschechen entgegen bringt. Aber
Kellner ist kein Bandit. Er hatte Vermögen angehäuft, ohne
jemals illegale Praktiken anzuwenden. Er wurde nie wie Andrei
Babiš strafrechtlich verfolgt. Hinter ihm gab es keine
getunnelten Investmentgesellschaften wie bei den CS-Fondsmanagern. Er
wurde nie wegen einer feindlichen Übernahme am Rande des Gesetzes
angeklagt, wie Radovan Vítek wegen der Übernahme von Orco.
Zwar
schämte sich Petr Kellner auch nie, Gesetzeslücken und wohlwollende
Gesetze auszunutzen. Auf der anderen Seite musste der Staat aber auch niemals voreilig Defensivgesetze verabschieden, etwa gegen Harvard
Funds oder Motoinvest.
Das
Geschäft tanzt nicht mit weißen Handschuhen. Der Gewinner ist
derjenige mit den besseren Ideen, Mut, Kontakten und Informationen, der
die Chance einschätzen kann - und Glück hat. Petr Kellner hat mehrfach bewiesen, dass er die gebotenen Chancen nutzen
kann. Er hat die richtige Intuition, kann ein qualifiziertes und
engagiertes Team von Mitarbeitern zusammenstellen. Und er hat
viel an seinem Erfolg gearbeitet.
Zu Petr Kellner:
Privat ist Petr Kellner ziemlich unsichtbar. 2010
kaufte er eine Boeing 737-700BBJ als sein Geschäftsflugzeug. Er
wohnt in einer weitläufigen Residenz im Dorf Podkozí in der Nähe
von Prag, besitzt jedoch eine Reihe weiterer Immobilien in
verschiedenen Ländern. Er besitzt auch eine der größten
Sammlungen von Fotografien von Josef
Sudek.
Quelle: Echo24