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Deutsche Sprache in der Abseitsfalle?
Von der Leyen-Deal: Babiš
ist begeistert, die Opposition empört
Über 427 Millionen EU-Bürgerinnen
und -Bürger waren im Mai zur Wahl des Europäischen Parlaments
aufgerufen. Aufgrund des "Spitzenkandidatenprinzips" warben
die Parteien für ihren jeweiligen Kandidaten zum Amt des
Kommissionspräsidenten. Nach dem vergangenen Treffen der Staats- und
Regierungschefs soll nun weder der Spitzenkandidat der stärksten
Europafraktion, Manfred Weber (EVP), noch der der zweitstärksten,
Frans Timmermans (SPE), sondern die Kompromisslösung Ursula von der
Leyen, die beim Urnengang gar nicht zur Wahl gestanden ist, der EU-Kommission vorstehen. Die
Reaktionen in Tschechien sind zweigeteilt: Premier Andrej Babiš
freut sich, dass sich "die Visegrád-Gruppe gemeinsam mit
Italien durchgesetzt hat", die oppositionellen Piraten sind
empört, dass die demokratische Wahl ignoriert wurde, und fürchten einen Vertrauensverlust bei den Wählern.
Wozu eigentlich wählen?? Jene 71,3
Prozent der tschechischen Wahlberechtigten, die ihre Stimme im Mai
nicht abgegeben haben, werden sich bestätigt fühlen, wenn die
höchsten politischen Ämter der Union ohnehin in den Hinterzimmern
am Rande des EU-Gipfels vergeben werden. In einer tief in Ost und
West gespaltenen EU mit (immer noch) 28 Mitgliedern ist der "kleinste
gemeinsame Nenner", auf den man sich einigen kann, nicht
besonders groß. So wird von der Leyen (CDU), die in ihrer
politischen Karriere bereits ein breites Spektrum an Funktionen
bekleidet und in der Regierung die unterschiedlichsten Ressorts von
Familie über Arbeit und Soziales bis zuletzt die Landesverteidigung
geführt hat, als mögliche EU-Kommissionspräsidentin mit dem Manko
einer Kompromisslösung ins Amt gehen.
Premier Babiš kann zufrieden sein. Er
gilt gemeinsam mit den übrigen Visegrád-Staaten als Gewinner des
Politpokers um die neue EU-Führung. Nachdem EVP-Spitzenkandidat
Weber von Frankreich kategorisch abgelehnt worden war, war es für
Babiš oberstes Ziel, den Sozialdemokraten Timmermans als
Kommissionschef zu verhindern. Timmermans war bei der Beurteilung von
Babiš durch die Kommission, betreffend den Interessenskonflikt und
der rechtswidrigen Annahme von Fördergeldern seines Konzerns
Agrofert, ein wesentlicher Akteur. Auch bei den Visegrád-Staaten
Ungarn und Polen hat sich Timmermans mit seinem Eintreten für
Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen diese Länder unbeliebt gemacht.
"Herr Timmermans hat sich mehrfach bereits negativ über unsere
Region geäußert. Er hat auch ganz andere Ansichten zur
Flüchtlingspolitik als wir. Als Mensch hat er nicht viel übrig für
den früheren Ostblock", urteilte Babiš.
Für die designierte
Kommissionspräsidentin von der Leyen fand der tschechische Premier
lobende Worte: "Sie ist eine konservative Politikerin mit
langjähriger Erfahrung aus der deutschen Regierung", sagte
Babiš, dessen Partei ANO im Europaparlament formell der liberalen
Fraktion angeschlossen ist. "Es ist zu sehen, dass die
Visegrád-Gruppe zusammen mit Italien ihre Vorstellungen durchgesetzt
hat", schloss der tschechische Premier. Dita Charanzová, die
für ANO im Europaparlament sitzt, räumte ein, dass es in ihrer
Fraktion RE (früher: ALDE), durchaus Kritik am von der Leyen-Deal
gegeben hat. "Wir hatten gerade eine große Debatte, und einige
Kollegen haben starke Kritik geäußert. Das betraf zum einen, dass
die Idee der Spitzenkandidaten nicht eingehalten wurde, deren
Anhängerin ich allerdings überhaupt nicht bin. Zum anderen hatten
einige die Vorstellung, dass unsere Fraktion bei der Besetzung der
Posten mehr hätte bekommen sollen. Ich hoffe aber, dass die
Koalition, die sich abzeichnet, letztlich grünes Licht geben wird",
sagte Charanzová.
Auch der sozialdemokratische
Koalitionspartner ČSSD, der im Mai mit nur 3,7 Prozent Wähleranteil
aus dem Europaparlament gewählt wurde, bevorzugt von der Leyen
stärker als den eigenen Parteifreund Timmermans. "Ursula
von der Leyen ist eine erfahrene Politikerin, die in der
Vergangenheit gezeigt hat, dass sie für eine funktionierende und
starke EU arbeiten wird", lautete das Statement von ČSSD-Chef
Jan Hamáček gegenüber der ČTK. Zustimmung auch von Seiten der
tschechischen CDU-Schwesterpartei KDU-ČSL: "Die Nachricht über
die Nominierung von der Leyens ist eine gute Nachricht für die
Tschechische Republik", sagte Parteichef Marek Výborný. Auch
der bürgerliche ODS-Chef hält von der Leyen für "die bessere
Wahl".
Scharfe Kritik äußerte der
Europaparlamentarier der Piraten (Fraktion der Grünen), Mikuláš
Peksa. "Leider umgeht der Vorschlag das System der
Spitzenkandidaten, bei dem den Wählern vermittelt wurde, dass sie
auch über den möglichen künftigen Kommissionspräsidenten
entscheiden. Die Ergebnisse der Europawahl wurden ignoriert und neue
Namen hervorgekramt. Wie sollen die Wähler da Vertrauen aufbauen?
Sollte die neue Kommission die Zustimmung im Europäischen Parlament
erhalten, dann wird sie ein sehr gutes Programm für die kommenden
fünf Jahre präsentieren müssen. Es wäre fatal, wenn auf eine
schlechte Wahl des Personals auch noch ein schlechtes Programm folgen
würde", sagte Peksa in Reaktion auf den EU-Gipfel. Piraten-Chef
Ivan Bartoš gab sich empört: "Diese deutsche Ministerin hat
nie versucht, Wähler außerhalb Deutschlands zu erreichen."
Nicht ganz ohne Ironie kommt die
wirtschaftsliberale Partei TOP'09 aus. "Die Visegrád-Länder
verhindern die Wahl Timmermans', während sie eine starke
Europaföderalistin unterstützen, die keine Angst davor hatte, einen
syrischen Flüchtling in ihrem Haus aufzunehmen, und eine
Unterstützerin Merkels ist", sagte der TOP'09-Politiker Marek
Ženíšek.
Bild: Von Dirk Vorderstraße - Eigenes Werk, CC BY 3.0
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