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ANO vor Verlust der Bürgermeister in Prag und Brünn
Geht es nach den nackten Zahlen, so sind die Kommunalpolitiker des Milliardärs Andrej Babiš die Gewinner des Wahlabends. ANO konnte in den meisten Groß- und Mittelstädten die relative Mehrheit verteidigen. In Prag stürzte die Premier-Partei jedoch auf die Platz fünf ab und stellt nunmehr nur die kleinste Rathausfraktion. Für die bürgerliche ODS gab es reichlich Grund zum Jubeln. Die einstige Staatspartei setzte ein kräftiges Lebenszeichen und hat in Prag und Brünn die besten Chancen auf die Bürgermeistersessel. Für die Sozialdemokraten waren es zwei rabenschwarze Tage. Lange Gesichter gab es auch bei den Kommunisten und bei der rechten SPD.
Bild: Wikipedia/David Sedlecký – Vlastní dílo
In Prag lief es nicht nach Plan für die erfolgsverwöhnte ANO-Partei. Nach dem Rückzug von Bürgermeisterin Adriana Krnáčová konnte der ANO-Spitzenkandidat, der Unternehmer Petr Stuhlík, seine Anhänger nicht mobilisieren. Er erreichte 15,37% der Stimmen. Das waren zwar exakt 2,5% weniger als die Wahlsieger von der ODS (17,87%), trotz des knappen Rückstandes reichte es nur für Platz fünf. Die Piraten landeten mit 17,07% an zweiter Stelle. Mit 16,57% folgte die neu gegründete Bürgerplattform "Prag selbst" des Pädagogen und politischen Aktivisten Jan Čižinský sowie das wirtschaftsliberale Wahlbündnis "Gemeinsame Kräfte für Prag" (16,29%), das aus Politikern von TOP'09, STAN, den Christdemokraten und der Liberal-ökonomoschen Partei gebildet worden ist.
Vieles spricht in Prag dafür, dass Ex-Bürgermeister Bohuslav Svoboda wieder ins Amt zurückkehrt. Der ODS-Politiker wurde 2010 Stadtoberhaupt, bis er im November 2013 vom Koalitionspartner TOP'09 durch einen "fliegenden Wechsel" aus dem Amt gehievt worden ist. Svoboda müsste in den folgenden Verhandlungen zwei weitere der fünf anähernd gleich starken Parteien für eine Koalition gewinnen. Sowohl Piraten-Chef Zdeněk Hřib als auch Jan Čižinský von "Prag selbst" beanspruchen jedoch den Posten des Bürgermeisters für sich. Mit den "Gemeinsamen Kräften", die von der TOP'09 getragen werden, hat Svoboda aufgrund der Ereignisse vor fünf Jahren wiederum gar kein gutes Gesprächsklima.
In der mährischen Hauptstadt Brünn hat ANO-Bürgermeister Petr Vokřál im Vergleich zu 2014 den Mandatstand von 13 auf 18 erhöht. Trotzdem stehen die Chancen auf eine zweite Amtszeit schlecht, denn bereits am Montag nach der Wahl präsentierte ODS-Spitzenkandidatin Markéta Vaňková ein fertiges Koalitionsbündnis gegen ANO. Gemeinsam mit den Christdemokraten, den Piraten und den Sozialdemokraten (ČSSD) möchte die 41-jährige Anwältin den Wahlsieger auf die Oppositionsbank verbannen, sofern die Piraten in einer Mitgliederbefragung für den Eintritt in das Bündnis stimmen. Bürgermeister Vokřáls Kommentar zu dieser Entwicklung: "Undemokratisch. Eine Sauerei." Sollte Vokřál als Brünner Bürgermeister verhindert werden, könnte im Gegenzug in Prag der siegreiche ODS-Kandidat Svoboda auf ähnliche Weise ausgebootet werden. Da auf nationaler Ebene die ČSSD der kleinere Koalitionspartner von ANO ist, hängt auch in der Staatsregierung der Haussegen schief.
Die ČSSD ist der große Verlierer des Wahlabends. Massive Verluste in den Kommunen, das bittere Ausscheiden aus dem Prager Rathaus und ein Absturz selbst in ihren Hochburgen wie etwa in der Industriestadt Ostrau. Parteichef Jan Hamáček hat den Ernst der Lage offenbar nicht erkannt und übte sich auf der Pressekonferenz am Wahlabend in Optimismus: "Bei den Parlamentswahlen sind wir nur Siebte geworden. In den Kommunalwahlen haben wir gemäß der Zahl der Mandate den vierten Rang erreicht. Das kann man als solides Ergebnis bezeichnen. Und für mich ist es das Signal, dass wir die Talsohle durchschritten haben", sagte Hamáček.
Die gleichzeitig stattgefundenen Senatswahlen - ein Drittel der Sitze im Prager Oberhaus wurde neu besetzt - waren für die ČSSD noch desaströser als die Kommunalwahlen. Zwölf orange Senatsmandate mussten die Sozialdemokraten verteidigen, sieben davon gingen bereits im ersten Wahlgang verloren. In den restlichen fünf Wahlkreisen gehen die ČSSD-Kandidaten aus der Position des Zweiten in die Stichwahl.
Zufrieden können die Christdemokraten (KDU-ČSL) mit dem Urnengang sein. Ihre dörflichen und kleinstädtischen Netzwerke funktionieren wieder, und so haben die Gelben ihre Hochburg, den ländlichen Raum, vor allem in Mähren, dominiert. Ebenfalls erfolgreich waren in vielen Gemeinden Bürgerlisten und lokale Gruppierungen, die keiner politischen Richtung zuordenbar sind, oder die sich für oder gegen konkrete Projekte eingesetzt haben. Von der liberalen Mitte konnte nur STAN ("Bürgermeister und Unabhängige") ein leises Lebenszeichen von sich geben. STAN war im ländlichen Böhmen, etwa im Umland von Prag, recht erfolgreich. Auch bei den Senatswahlen konnte die Bürgermeisterbewegung mehrere Kandidaten in die Stichwahl bringen. Die liberale TOP'09 hat seit dem Rückzug ihres Aushängeschildes Karel Schwarzenberg Probleme mit der Mobilisierung. In den Großstädten lief es nicht gut, sodass sowohl in Prag als auch in Brünn ein Minus eingefahren wurde.
Die extremen Parteien von Rechts und Links hatten keinen Grund zum Feiern. Tomio Okamuras SPD kann im Vergleich zu 2017 kaum Erfolge verbuchen. Das viele Geld, das unter Anderem für Plakate von Okamura mit den europäischen Rechten Heinz-Christian Strache und Matteo Salvini ausgegeben worden ist, ging durch den Rauchfang. Die SPD ist jetzt in Gemeinderäten, wie etwa in Brünn, Ostrau, Aussig oder Zlín, vertreten, doch die Anzahl der xenophoben Kommunalpolitiker ist überschaubar. Auch die Kommunisten, die in ihrer Selbstwahrnehmung aufgrund ihrer Rolle bei der Stützung der Staatsregierung vor Selbstbewusstsein gestrotzt haben, erlitten einen Dämpfer. Sie sind aus vielen Gemeindeversammlungen hinausgewählt worden, und dort, wo sie sich gehalten haben, fristen sie mit wenigen Ausnahmen ein Schattendasein. Nur in einigen Gemeinden wie etwa in Lesná an der bayerischen Grenze herrschten noch die Zustände aus der alten Zeit vor 1989: Die Kommunisten als einzige Liste, mit einem Stimmanteil von 100%.
Bild: Facebook/Markéta Vaňková
Markéta Vaňková,
ODS-Spitzenkandidatin Brünn
16.10., 18h
Grandior Hotel Prague
Prag 1, Ná Poříčí 42
24.10., 9h
Holiday Inn Brno
Brünn, Křížkovského 20
25.10., 18.30
Kavárna Adria
Prag 1, Národní 40
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Prag 1, Letenská 5
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