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Die tschechische Regierung befasst sich derzeit mit dem Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit dem russisch kontrollierten Pilsener Unternehmen Škoda JS. Das Unternehmen ist ein unersetzlicher Partner der ČEZ-Gruppe. Es ist für die Wartung und das Service für tschechische Kernreaktoren zuständig.
Eines der wichtigsten Unternehmen der tschechischen Atomindustrie bereitet der Regierung und der Leitung der ČEZ-Gruppe großes Kopfzerbrechen. Mit der Eskalation des Konflikts zwischen dem Westen und Russland steht Tschechiens Atomwirtschaft laut dem Onlinemagazin SZ Byznys vor einem schwierigem Problem.
Škoda JS mit Sitz in Pilsen ist seit 2004 im Besitz von OMZ, einer russischen Maschinenbauholding, die von der staatlichen Gazprombank kontrolliert wird, die wiederum zum Imperium des vom Kreml kontrollierten Giganten Gazprom gehört. Im siebenköpfigen Vorstand von Škoda JS sitzen vier russische Vertreter der OMZ. Die Tschechen sind in der Minderheit. Das Unternehmen steht wegen seines Eigentümers seit 2014 auf der US-Sanktionsliste. In inländischen Wirtschaftskreisen wird gemunkelt, dass zwei ihrer russischen Statutarvertreter im Verdacht stehen, mit dem russischen Geheimdienst FSB zusammenzuarbeiten (die Namen sind SZ Byznys bekannt, werden aber, da sich der Verdacht nicht zuverlässig bestätigen lässt, nicht genannt).
Škoda JS ist für die tschechische Energiewirtschaft von besonderer Bedeutung: Das Unternehmen ist der exklusive Anbieter von Wartungs- und Reparaturdienstleistungen für die Kernkraftwerke Dukovany und Temelín. Es liefert Berechnungen für den Einsatz von Kernbrennstoff in den Reaktoren, und ihre Mitarbeiter haben Zugang zu den am strengsten kontrollierten Reaktorbereichen.
Die sensiblen Verträge der ČEZ-Gruppe mit Skoda JS können nicht gekündigt werden, da das in Pilsen ansässige Unternehmen über ein einzigartiges Know-how und detaillierte Kenntnisse über die tschechischen Kraftwerke verfügt. Dazu kommen die langjährigen Erfahrungswerte bei deren Wartung. "Škoda JS ist ein Schlüsselunternehmen für die Wartung und den Betrieb der bestehenden Kernkraftwerke, und für die Beteiligung der tschechischen Industrie an dem neuen Kernkraftwerksprojekt, das zu unseren Prioritäten gehört", so Vojtěch Srnka, Sprecher des Ministeriums für Industrie und Handel.
"Das Unternehmen ist für uns in gewisser Weise unersetzlich", räumt ein hochrangiger Manager der ČEZ-Gruppe ein, der sich zu einer solch heiklen Situation nicht offen äußern möchte. Darüber hinaus hält Škoda JS einen Anteil von 17,4 Prozent am Forschungsinstitut ÚJV in Řež bei Prag. Auch wenn es sich um eine Minderheitsbeteiligung handelt, wird dies zu einem Problem, da für die Entwicklungsprojekte des ÚJV Zuschüsse aus öffentlichen Quellen gewährt werden.
Historischer Fehler
"Škoda JS ist einer der sogenannten logischen Aggregatelieferanten für unsere Kernkraftwerke", erklärte ČEZ-Sprecher Ladislav Kříž. "Es ist historisch gesehen ein tschechisches Unternehmen mit tschechischen Experten. Fakt ist, dass das Unternehmen nach der Privatisierung schrittweise verkauft wurde. Die Eigentumsverhältnisse, konnte und kann die ČEZ nicht beeinflussen", fügte er hinzu.
Ein gewisses Paradoxon besteht darin, dass die Pilsener Škoda-Holding ihre Nukleartechnik-Sparte an die Russen verkaufte, als sie sich noch im Besitz des undurchsichtigen Unternehmens Appian befand. Man wollte sich nur noch auf die Verkehrstechnik konzentrieren und sich von anderen Aktivitäten trennen. Der damalige Vorstandsvorsitzende von Škoda Plzeň war Martin Roman, der nach dem Verkauf des Kerntechniksektors und einiger anderer Vermögenswerte an die Russen in die gleiche Position an der Spitze von ČEZ wechselte. "Aus heutiger Sicht ist es eindeutig ein Fehler, dass Škoda JS russische Eigentümer hat", sagte Vojtěch Srnka, Sprecher des Ministeriums für Industrie und Handel.
Anfang März führte die Regierung direkte Gespräche mit ČEZ-Chef Daniel Beneš über Škoda JS. "Wir analysieren die aktuelle Situation und suchen nach möglichen Lösungen, aber aus Sicherheitsgründen können wir noch keine genaueren Angaben machen", sagte ČEZ-Sprecher Kříž. "Wir sehen das Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit Škoda und suchen nach einer Lösung, können uns aber noch nicht zu den Details äußern", erklärte Finanzminister Zbyněk Stanjura (ODS). Auch der Sprecher des Industrieministeriums, Vojtěch Srnka, will keine Einzelheiten nennen. "Die Regierung arbeitet derzeit an einer Lösung", sagte er. Jan Stolár, ein Sprecher von Škoda JS selbst, lehnte es ab, die Situation zu kommentieren.
Mit von der Partie ist auch die Konkursverwaltung
Nach Angaben von SZ Byznys ist der Verkauf von Škoda JS an die ČEZ-Gruppe im Gespräch, ebenso wie eine Enteignung oder die Einsetzung eines Insolvenzverwalters, um den Einfluss der russischen gesetzlichen Vertreter zu beschneiden. Sowohl die Enteignung als auch die Übernahme der Kontrolle über das Unternehmen würden jedoch eine Gesetzesänderung erfordern; die Regierung müsste nämlich eine spezielle "Lex Škoda" vorbereiten und im Parlament durchsetzen.
Der einfachste Weg wäre, das Unternehmen an die ČEZ zu verkaufen. Zumal diese Option bereits in den vergangenen Jahren mehrfach zur Debatte stand. "Es wäre schwer zu erklären, dass das staatlich kontrollierte Energieunternehmen Gelder an die russische Gazprombank schickt, während die antirussischen Sanktionen verschärft werden", so eine Quelle von ČEZ. Die Transaktion hätte jedoch auch ohne finanzielle Entschädigung durchgeführt werden können: ČEZ fordert von Škoda JS Schadenersatz für Schäden, die durch die Abschaltung von Kernreaktoren aufgrund von verpfuschten Röntgenkontrollen von Schweißnähten im Jahr 2016 entstanden sind, für die das Pilsener Unternehmen verantwortlich ist. Die Forderung ist von ursprünglich 611 Millionen Kronen (25 Mio. Euro) auf 2,7 Milliarden Kronen (110,5 Mrd. Euro) gestiegen, ist aber rechtlich nicht bestätigt. Nach erfolglosen Versuchen, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, reichte ČEZ vor zwei Jahren eine Klage gegen Škoda JS ein, die nun in erster Instanz verhandelt wird. In jedem Fall wäre die elegante Lösung, für diese Schulden Škoda JS zu kaufen. Allerdings müsste die russische Seite das Abkommen abnicken, was bisher nicht geschehen ist und angesichts der Situation auch nicht zu erwarten ist. Es sind also noch drastischere Lösungen im Spiel.
Die Verbindung zu den russischen Eigentümern könnte für Škoda JS selbst zu einem Problem werden. Unter seinen Geschäftspartnern macht sich die Befürchtung breit, dass das Unternehmen in Schieflage gerät und aufgrund der Sanktionen Schwierigkeiten haben könnte, sich selbst zu finanzieren, so dass es möglicherweise in Kürze seine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen kann. Zumal auch wichtige Aufträge in der vom Krieg zerrissenen Ukraine bald auf Eis liegen könnten.
Von seiten des Unternehmens wird dies aber dementiert. "Škoda JS nimmt keine Finanzierung durch russische Banken in Anspruch, ist in guter finanzieller Verfassung und kommt seinen Verpflichtungen gegenüber in- und ausländischen Kunden nach. Wir haben Aufträge in der Größenordnung von mehreren Milliarden Kronen für den nächsten Zeitraum. Und wir arbeiten weiter an Projekten für ukrainische Kernkraftwerke", so der Kommentar.
Sanktionen gegen Russland gefährden tschechische Kernkraftwerke