Die neue Regierungskoalition aus Spolu und Piraten/STAN hat
sich auf einen Koalitionvertrag und ein gemeinsames
Regierungsprogramm geeinigt. Auch die Verteilung der Ressorts sei
bereits klar, sagte der Spitzenkandidat des Spolu-Bündnisses und
Parteichef der Bürgerdemokraten (ODS), Petr
Fiala. So erhält die Plattform Spolu aus ODS, TOP'09 und den
Christdemokraten (KDU-ČSL)
zehn Ministerien, Piraten und STAN zusammen sieben. Was den
Regierungsauftrag durch den Staatspräsidenten anlangt, kündigte
Fiala an, er habe mit dem Leiter der Präsidentschaftskanzlei,
Vratislav Mynář,
gesprochen.
Präsident
Miloš Zeman sei bereit, ihn zu empfangen, sobald
er von der Intensivstation in ein normales Zimmer verlegt werde, so
der designierte Premier.
Während die
bisherige Regierung aus 15 Mitgliedern besteht, wird es im Kabinett
Fiala 18 Regierungsposten geben. Die neue Koalition will zusätzlich
ein Ministerium für Gesetzgebung, ein Wissenschafts- und ein
Europaministerium schaffen. "Ich möchte betonen, dass wir keine
neuen Ämter schaffen. Aber um einige Aktivitäten besser zu
koordinieren, haben wir beschlossen, einige Aufgaben an weitere
Mitglieder der Regierung zu delegieren," sagte Fiala. Er wies
darauf hin, dass es ähnliche Ämterverteilungen bereits in
vergangenen Regierungen gab.
Spolu wird neben
dem Premier auch das wichtige Finanzressort erhalten.
Das
konservativ-wirtschaftsliberale Bündnis erhält weiters die Bereiche
Verteidigung, Arbeit, Verkehr, Gesundheit, Justiz, Landwirtschaft,
Umwelt, Kultur und Wissenschaft. Die Piraten und die
Bürgermeisterbewegung werden für das Innenressort, das
Doppelministerium Industrie und Handel, für Äußeres, für das neue
Gesetzgebungsministerium und für Europa-Angelegenheiten zuständig
sein. Das Europaministerium werde in erster Linie für die
Vorbereitung und Abwicklung der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft
im nächsten Jahr benötigt. Der Minister für Gesetzgebung soll die
Qualität neuer Vorschriften und Verordnungen gewährleisten. Mit
einem Blick auf die Vielzahl an verfassungswidrigen Verordnungen im
Zuge der Corona-Maßnahmen sagte Fiala: "Wir wollen keine schlecht
vorbereiteten Gesetze, wie wir sie in der vergangenen Wahlperiode
hatten."
Offiziell ging es
bei den Verhandlungen nur um die Ressortverteilung, nicht um
Personalia, betonte das künftige Führungsduo Petr Fiala und
Piraten-Chef Ivan Bartoš. Letzterer sagte, es sei froh, dass eine
akzeptable Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen Spolu und
Piraten/STAN gefunden wurde. "Die Namen, so wichtig sie auch sind,
dürfen erst dann genannt werden, wenn der Premierminister ernannt
ist und dem Präsidenten einen Vorschlag für die Ernennung der
Kabinettsmitglieder unterbreitet", sagte Fiala.
Nichts
desto trotz, kursieren in den tschechischen Gazetten bereits
vollständige Ministerlisten, die von den fünf
Regierungsparteien gar nicht dementiert werden. Auf Seite von Spolu
findet man zahlreiche Ex-Regierungsmitglieder, die in den Kabinetten
Nečas
bzw. Sobotka bereits Ministerposten innehatten. Bei den Piraten und
bei STAN gibt es keine personellen Überraschungen. Mit bislang zwei
Ministerinnen liegt die Frauenquote dieser Regierung extrem niedrig.
Premierminister:
Petr Fiala (ODS-Chef)
Der Brünner
Politologe führt seit 2014 die Bürgerdemokraten. Fiala lehrte ab
2002 als ordentlicher Professor an der Masarykuniversität Brünn und
war 2004-2011 Rektor dieser Universität. 2012-2013 war Fiala
Bildungsminister, danach saß er als Oppositionspolitiker im
Parlament. 2017-2021 war er stellvertretender Präsident des
Unterhauses.
Regionenminister
(und möglicher Vize-Premier): Ivan Bartoš (Piraten-Chef)
Bartoš, der
Rasta-Man im Designeranzug, ist das bekannteste Gesicht der
Piratenpartei. 2009-2013, 2013-2014 und seit 2016 steht er dieser
Bewegung vor. Als Parlamentarier leitete er bislang den Ausschuss für
Regionales und öffentliche Verwaltung. Der im nordböhmischen
Gablonz / Jablonec nad Nisou geborene Pirat absolvierte seine Studien
der Informatik und des Bibliothekarswesens an der Philosophischen
Fakultät der Karlsuniversität Prag mit Schwerpunkt
Datenbankmodelle, Datenbanksysteme und Internet-Informationsdienste.
Sein Regionenministerium wird auch die Zuständigkeit für
Digitalisierung bekommen.
Innenminister
(und möglicher Vize-Premier): Vít Rakušan (STAN-Chef)
Rakušan übernahm
die Bürgermeisterbewegung 2019. Er Studierte Geschichte und Deutsch
an der Südböhmischen Universität Budweis und Schulmanagement an
der Karlsuniversität Prag. Er war bis Oktober 2021 Abgeordneter der
Mittelböhmischen Region und 2016-2017 Vize-Hejtman. Zuvor was
Rakušan langjähriger Bürgermeister von Kolín. Bei den
Parlamentswahlen konnte er über 60.000 Vorzugsstimmen gewinnen.
Gesundheitsminister:
Vlastimil Válek (TOP'09)
Válek wird für
den undankbarsten Posten der Regierung gehandelt. Der
Radiodiagnostiker und Gesundheitspolitiker ist seit 2019
stellvertretender Parteichef der liberalen TOP-Partei. Er studierte
Allgemeinmedizin in Brünn und leitete die Abteilung für Radiologie
und Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Brünn. In der
Vergangenheit war er für des Internationale Rote Kreuz tätig.
2021-2016 saß er im Südmährischen Regionalparlament.
Finanzminister:
Zbyněk
Stanjura (ODS)
Der
ODS-Vizeparteichef (seit 2020) hat Elektrotechnik an der Technischen
Universität Brünn studiert. Er war bislang Fraktionsvorsitzender
der ODS im Parlament, 2012-2013 war er Verkehrsminister. Stanjura war
2002-2010 Bürgermeister der mährisch-schlesischen Stadt Troppau /
Opava und saß auch in Ostrau im Regionalparlament.
Verkehrsminister:
Martin Kupka (ODS)
Kupka ist wie
Stanjura Vize-Parteichef der ODS. Er ist Abgeordneter des
Mittelböhmischen Regionalparlaments und Bürgermeister des Prager
Vororts Líbeznice u Prahy. Kupka studierte Journalismus in Prag und
legte den Schwerpunkt seines Studiums auf Massenkommunikation. Beim
Tschechischen Rundfunk arbeitete er als Redakteur und Moderator, war
Sprecher des Prager Rathauses und der Mittelböhmischen Region, des
Verkehrsministeriums, sowie Leiter der Kommunikationsabteilung der
ODS. 2016-2017 war Kupka auch Vize-Hejtman Mittelböhmens.
Verteidigungsministerin:
Jana Černochová (ODS)
Kennern der
Prager Kommunalpolitik ist die langjährige Bezirkschefin von Prag 2
ein Begriff. Černochová hat einen Bachelor-Abschluss in
Rechtswissenschaften an der Hochschule für Angewandtes Recht in Prag
und einen Magister-Abschluss im Studium Internationaler Beziehungen
an der Metropolitan University Prague. Bevor sie in die Politik ging,
war sie im Bankwesen tätig. Im Abgeordentenhaus leitete sie den
Verteidigungsausschuss.
Arbeits- und
Sozialministerin: Šárka Jelínková (KDU-ČSL)
Die
Christdemokratin ist seit 2016 für den ostmährischen Wahlkreis
Kremsier / Kroměříž
im
Senat. Dort leitete sie den Verfassungs-Ausschuss. 2006-2014 war sie
Abgeordnete des Zlíner Regionalparlaments. Jelínková hat zuvor im
Sozialwesen gearbeitet.
Justizminister:
Marek Benda oder Pavel Blažek
(beide ODS)
Marek Benda
ist Rekordhalter als dienstältester Abgeordneter (seit 1990).
1990-1996 war er Mitglied der Christlich-Demokratischen Partei KDS,
ehe diese mit der ODS fusionierte. Er ist der Sohn des bekannten
Dissidenten Václav Benda. Bislang war Marek Benda, der in Pilsen Jus
studiert hat, Vorsitzender des Verfassungs-Ausschusses im Parlament.
Der zweite Name, der gehandelt wird ist Pavel Blažek,
der bereits 2012-2013 den Posten des Justizminister bekleidet hat.
Landwirtschaftsminister:
Marian Jurečka (KDU-ČSL-Chef)
Jurečka
war bereits 2014-2017 in der Regierung von Bohuslav Sobotka
Landwirtschaftsminister. Seit vergangenem Jahr führt er die
Christdemokraten an und ist Abgeordneter im Olmützer
Regionalparlament.
Umweltminister:
Tomáš Tesář
(TOP'09)
oder Petr Hladík (KDU-ČSL)
Tesář
ist
Absolvent der Hochschule für Maschinenbau und Textilwesen in
Reichenberg / Liberec. Von 2014-2014 war er stellvertretender
Umweltminister. Hladík ist Vize-Parteivorsitzender der
Christdemokraten und Brünner Vizebürgermeister.
Kulturminister:
Radovan Auer (TOP'09)
Auer
ist Direktor der internationalen Buchmesse “Welt der Bücher”. Er
war in der Filmproduktion und im Kulturmanagement tätig und
arbeitete zehn Jahre Lang für das Filmfestival Karlsbad. Für die
Europäische Kulturhauptstadt Pilsen 2015 war er als
Marketingdirektor tätig.
Industrie-
und Handelsminister: Věslav
Michalik (STAN)
Michalik
wurde im August Vize-Vorsitzender der STAN. Zur Zeit ist er
Finanzregionalrat und Vize-Hejtman Mittelböhmens
sowie Bürgermeister
der kleinen Prager Umlandgemeinde Dolní Břežany. In der
Vergangenheit arbeitete er als Forscher an der Tschechischen Akademie
der Wissenschaften am Institut für
Kernphysik.
Bildungsminister:
Petr Gazdík (STAN)
Gazdík
war bereits zweimal Vorsitzender der Bürgermeisterbewegung, deren
Mitbegründer er ist. Er studierte Mathematik und Geographie an der
Pädagogischen Fakultät der Masarykuniversität Brünn.
Außenminister:
Jan Lipavský (Piraten)
Lipavský
war die vergangene Legislaturperiode Abgeordneter der Piraten und
arbeitete in den Ausschüssen für Verteidigung und Äußeres. Zuvor
war er bei McKinsey, Euro RSCG, ZOOT, Total Solutions und Moro
Systems im Bereich der Informationstechnologie tätig.
Wissenschaftsminister:
offen (Spolu)
Legislativeminister:
offen (Spolu)
Europaminister:
offen (Piraten/STAN)