POWIDL im neuen Gewand!
Neues Layout, aktueller, übersichtlicher
Tschechien muss nach drei Jahren
als Spitzenreiter von
15 MOE-Ländern das Zepter an Estland
abgeben und liegt nun in der Beurteilung der Investoren knapp
dahinter auf Platz 2. Polen folgt an dritter Stelle. Das ergab die
aktuelle Konjunkturumfrage der Deutsch-Tschechischen Industrie- und
Handelskammer (DTIHK). Vor allem der Fachkräftemangel und das
praxisferne Berufsausbildungssystem verringern laut Investoren die
Attraktivität der Tschechischen Republik. Sie beklagen zunehmend
auch steigende Arbeitskosten, mangelnde Transparenz in der
öffentlichen Auftragsvergabe sowie Korruption. Obwohl die aktuelle
Wirtschaftslage noch als sehr gut bewertet wird, erwarten die
Unternehmen eine deutliche Eintrübung der Wirtschafts- und
Geschäftsaussichten für 2019.
Noch
ist alles in Ordnung, meinen die Investoren. Im Nachgang des
Spitzenjahres 2018 betrachten 70 Prozent von ihnen die aktuelle Lage
der tschechischen Wirtschaft als "gut" und nur ein Prozent als
"schlecht".
Aussichten
für die Wirtschaft trüben sich ein
Über
die weitere Entwicklung herrscht allerdings eher Skepsis: So erwartet
in der Umfrage jedes dritte Unternehmen, dass sich der
Wirtschaftsausblick in diesem Jahr verschlechtert. Bei den
Industrieunternehmen sind es sogar 42 %. So pessimistisch waren die
Unternehmen zuletzt 2013. Zum Vergleich: Vor einem Jahr gingen nicht
einmal 10 % von einer Verschlechterung aus.
"Internationale
wirtschaftspolitische Entwicklungen, sei es der Brexit oder
Handelskonflikte, sowie teilweise hausgemachte Barrieren in Gestalt
des akuten Fachkräftemangels und der rasant gestiegenen Löhne
sorgen für Verunsicherung, die sich auch in den Erwartungen der
Unternehmen abzeichnet",
sagt DTIHK-Geschäftsführer Bernard Bauer.
Exporteure
weniger zuversichtlich
Auch
was das eigene Business betrifft, blicken die Investoren deutlich
weniger optimistisch auf die künftige Entwicklung. Dies zeigt sich
in den gedämpften Investitionsabsichten sowie Umsatz- und
Exporterwartungen. Nur noch 29 % erwarten eine weitere Steigerung
ihres Exportabsatzes, vor einem Jahr war es noch mehr als jedes
zweite Unternehmen. "Sorgen
bereitet der Rückgang der Auslandsnachfrage, insbesondere beim
tschechischen Exportmotor, der Automobilbranche",
meint Bernard Bauer. Hinzukommt die Unsicherheit über den
anstehenden EU-Austritt Großbritanniens. Fast jede dritte Firma
rechnet in der Umfrage für die Zeit nach dem Brexit mit einem
Rückgang der Exporte auf die Insel.
Sorgenkinder
Fachkräftemangel und Berufsbildungssystem
Die
schwer zu überwindende Hürde für weiteres Wachstums heißt
weiterhin Fachkräftemangel, wie auch die Umfrage bestätigt.
Aufgrund der personellen Engpässe muss jede sechste Firma Aufträge
ablehnen. Den Standortfaktor "Verfügbarkeit von Fachkräften" erklären die Investoren erneut zum größten Makel des Landes. Zum
ersten Mal liegt zudem das "Berufsbildungssystem", das
Dauerkritik für seine praxisferne Ausrichtung kassiert, auf dem
vorletzten Platz im Ranking der 21 Standortfaktoren. Die Firmen
hierzulande ergreifen daher selbst die Initiative: Jedes zweite
Unternehmen arbeitet mit Schulen zusammen, jedes vierte bildet im
praktischen Teil selbst aus.
Investitionen
in Automatisierung
Größere
Unabhängigkeit vom Arbeitsmarkt erhoffen sich die Firmen von
Investitionen in moderne Technologien. Drei von fünf Unternehmen
gaben an, zuletzt in die Digitalisierung und Automatisierung
investiert zu haben, um den Mangel an Fachkräften abzufedern. Im
Schnitt fließen in Automatisierung der Prozesse 20 % aller
Investitionen eines Unternehmens, bei manchen sogar bis zu 90 %. So
wird laut Umfrage in den nächsten fünf Jahren künstliche
Intelligenz bereits in jedem zweiten Unternehmen im Einsatz sein.
"Tschechien
hat die Chance, den Trend der Digitalisierung mitzugestalten, wenn es
gute Bedingungen dafür schafft. Dabei ist es erforderlich, sich
nicht nur auf die technologischen Voraussetzungen wie z. B. ein G5
Netz zu konzentrieren, sondern auch auf attraktive Bedingungen für
Fachleute, die solche Technologien-Lösungen entwickeln. Es wird
daher nötig sein, das Ausbildungssystem zu reformieren und mehr
Möglichkeiten für eine Requalifizierung der bisherigen
Berufsprofile zu schaffen",
sagt Milan Šlachta, General Manager der Bosch Group in Tschechien.
Lohnkosten
steigen weiter, aber weniger rasant
Am
häufigsten greifen die Unternehmen bisher jedoch zu Lohnerhöhungen
und Sonderzahlungen ("attraktivere Arbeitsbedingungen"), um im
Konkurrenzkampf um Arbeitskräfte zu bestehen. Jede zweite Firma
rechnet mit einer Steigerung der Lohnkosten zwischen 3 und 8 %. Auf
einen noch stärkeren Anstieg stellt sich jede fünfte Firma ein. Das
sind zwar weniger als vor einem Jahr (38 %), dennoch schlägt sich
diese Entwicklung negativ in der Standortbewertung der Investoren
nieder. Die Investoren lassen den Faktor "Arbeitskosten" im
Ranking weiter absacken.
MOE-Attraktivitätsranking:
Tschechien verliert seine Spitzenposition*
Nach
drei Jahren an der Spitze muss Tschechien das Label "attraktivstes
Land für Investoren in Mittel- und Osteuropa" an Estland abgeben.
Im Ranking der
15 MOE-Länder belegt Tschechien nun den zweiten
Platz vor Polen.
Weniger
Unternehmen würden zudem wieder in Tschechien investieren, dies
trifft insbesondere auf Industriebetriebe zu.
Der
Standortwettbewerb wächst und der neue Spitzenreiter Estland hat
genau dort seine Stärken, wo Tschechien bislang hinterherhinkt: bei
der Infrastruktur, der öffentlichen Verwaltung, dem Zugang zu
öffentlichen Fördermitteln und der Transparenz der öffentlichen
Auftragsvergabe. Mangelnde Transparenz und Korruption werden von den
Investoren wieder zunehmend als Gefahr für den Standort
wahrgenommen. In den vorherigen Jahren hatte sich die Bewertung
verbessert. Auch scheint die tschechische Wirtschaftspolitik
immer weniger berechenbar (von Platz 4 auf Platz 8 im Ranking der
Standortfaktoren).
Wichtigster
Standortvorteil bleibt die EU-Mitgliedschaft, gefolgt von der
Zahlungsdisziplin und der Qualität sowie der Verfügbarkeit lokaler
Zulieferer.
"Diese
Konjunkturumfrage ist insbesondere deshalb so wichtig, weil sie
Auskunft
über die Wirtschaftssphäre gibt, die den größten Anteil am
erfolgreichen tschechischen Außenhandel hat: die Unternehmen der
deutsch-tschechischen Wirtschaft",
so DTIHK-Präsident Jörg Mathew.
Zur Umfrage
Befragungszeitraum: Februar 2019
Teilnehmerkreis: Mitgliedsunternehmen
der DTIHK und deutsche Unternehmen in Tschechien
Teilnehmerzahl: 150
Beteiligung nach Sektoren: 38 %
verarbeitendes Gewerbe,
37 % Dienstleistungen, 17 % Handel, 4
% Bauwirtschaft, 4 % Energie- und Wasserversorgung, Entsorgung
* Das MOE-Ranking der
Investitionsstandorte basiert auf Daten von insgesamt 15 deutschen
Auslandshandelskammern in den jeweiligen Ländern.
TEXT: DTIHK
Wirtschafts-veranstaltungen
Konjunkturumfrage
2019
Tschechien
nicht mehr der attraktivste Standort in MOE
Foto: DTIHK/Jaromír Zubák