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Kulturreisen nach Brünn (2) - Brünner Opern-Highlights 2022
2022 ist das erste Jahr ohne Lockdown und Reiseeinschränkungen im Frühling seit Ausbruch der Pandemie. Der Tourismus kann wieder auf ausländische Gäste hoffen, und so startet die mährische Metropole Brünn mit einer Kulturoffensive in die Saison. Der 200. Geburtstag des Begründers der Vererbungslehre, Gregor Johann Mendel, wird in diesem Jahr Anlass für viele Veranstaltungen geben. Im ersten Teil der Serie "Kulturreisen nach Brünn" beschäftigt sich POWIDL mit dem Jubilar und dessen Wirkungsstätte. Im zweiten Teil der Serie geht es um die Saison der Brünner Oper, der letzte Teil behandelt das UNESCO Weltkulturerbe Villa Tugendhat.
Die Musik Mährens: Leoš Janáček

Die Kulturstadt Brünn ist untrennbar mit ihrer Musik verbunden, und keiner hat das Musikleben dieser Stadt so sehr geprägt wie Leoš Janáček. So liegt es auf der Hand, dass der weltberühmte Komponist in Brünn auch heute noch eine bedeutende Rolle spielt. Das größte Opernhaus der Stadt trägt seinen Namen, ebenso die Akademie für Musik und Bildende Künste. Im Osten Tschechiens ist man stolz auf Leoš Janáček, der hier gerne als mährisches Gegenstück zu den "böhmischen" Komponisten Antonín Dvořák und Bedřich Smetana angeführt wird.

Als Schüler kam der in Nordmähren geborene Janáček an das Gymnasium des Brünner Augustinerklosters. Seitdem ist die mährische Metropole zum Zentrum seines musikalischen Wirkens geworden, auch wenn es ihn in seinen Studienjahren auch nach Prag, Leipzig und Wien verschlagen hat. Janáček war zunächst Musiklehrer, Leiter verschiedener Chöre und erfolgreicher Dirigent. Den frühen Tod seiner beiden Kinder verarbeitete er in der Oper "Osud (Schicksal)", mit der Oper "Jenůfa" gelang ihm letztlich auch der Durchbruch als Komponist. Janáčeks vielseitiges Schaffen umspannt den Bogen von Orchesterwerken, über die Kammermusik, Klavierwerke und Chorkantaten bis hin zu Liedersammlungen und Opern. Janáček bringt die Sprachmelodie der tschechischen Sprache in seine Musik ein. Als Panslawist war es ihm ein großes Anliegen, die Dominanz des Deutschen als Sprache der herrschenden Oberschicht in Mähren zu verringern.

Brünn feiert den großen Komponisten jedes zweite Jahr im Herbst mit dem Janáček-Festival. 2004, zum 150. Geburtstag Janáčeks fand das Musikfest erstmals in Brünn statt. Seit 2008 gibt es das Fest als Biennale, nur 2020 konnte es aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden und musste auf 2021 verschoben werden. 2022 wird vom 2. bis 20. November ein reichhaltiges Programm unter dem Motto "Quo Vadis" geboten. Der Jahrgang des Festivals ist in seiner Dramaturgie einem Thema gewidmet, das für die Ausformung von Janáčeks Persönlichkeit wie für die Entwicklung seines Werks von grundlegender Bedeutung war - der Beziehung zur slawischen Kultur.

Das Festival verspricht einen an musikalischen Höhepunkten reichen Herbst. So steht die Opern "Z mrtvého domu (Aus einem Totenhaus)" und die Glagolitische Messe auf dem Programm, und man kann sich auf die Aufführung der "Káťa Kabanová (Katja Kabanowa)" und von "Věc Makropulos (Die Sache Makropulos") freuen. Es gastieren neben dem Symphonieorchester des Tschechischen Rundfunks und dem Prager Philharmonischen Chor auch das Orchestre de la Suisse Romande und das Orchester der Welsh National Opera. Am Schlusstag ist eine Aufführung der Oper "Flammen" von Erwin Schulhoff geplant.
Trailer zum Janáček-Festival 2022 (tschechisch mit englischen Untertiteln)
Tipp: Bohuslav Martinů: "The Greek Passion (Griechische Passion)"

Die aktuelle Produktion des Brünner Nationaltheaters hatte ihre Premiere bereits 2020. Wegen der Corona-Pandemie kam es allerdings zu nur wenigen Aufführungen. Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine gewann der Stoff der Oper an brisanter, gespenstischer Aktualität. "The Greek Passion" von Bohuslav Martinů erzählt vom plötzlichen Ende einer friedlichen Idylle, von der Konfrontation mit Not und Elend, von Vertriebenen und Kriegsflüchtlingen. Dieser Tage beginnen die Vorstellungen mit der Hymne der Ukraine als Gedenkakt der Opfer des Krieges.

Die Bilder ebendieses Krieges, der sich nun in Europa anno 2022 festgesetzt hat, und der tagaus, tagein in unserem Leben omnipräsent geworden ist, diese Bilder überlagern den Stoff von Nikos Kazantzakis, dessen Roman "Der wiedergekreuzigte Christus" die Grundlage für den Komponisten bildete. Sie überlagern Martinůs hymnische Chöre, die verspielte Folklore, die inbrünstigen und impulsiven Gesänge der Protagonisten, das allzu pathetische Libretto dieser Oper. Denn das abstrakte Passionsspiel, in der Inszenierung von Operndirektor Jiří Herman, das dem Zuschauer in großen, eindrucksvollen Bildern gezeichnet wird, ist im Hier und Jetzt angekommen. 

Und somit schließt sich der Kreis, denn Bohuslav Martinů hat sich nicht zuletzt aus der Erfahrung seiner eigenen Biographie dieses Stoffes angenommen. Als Sohn eines Schuhmachers aus dem mährischen Städtchen Polička errang er dank seines virtuosen Violinspiels Bekanntheit und erhielt ein Stipendium für das Prager Konservatorium. Bald führte ihn sein Weg nach Paris, wo er nicht nur musikalisch, sondern auch privat Wurzeln schlug. Der Einmarsch Hitlerdeutschlands in Frankreich zwang Martinů zur Flucht aus Paris - erst nach Südfrankreich, dann über Portugal in die USA. Auch nach dem Krieg blieb Martinů ein Geflohener. In seiner Heimat, der Tschechoslowakei, herrschten die Kommunisten.
Eindrücke aus Martinůs "Griechischer Passion" in der Inszenierung von Jiří Herman, Janáčektheater Brünn
Auch Mozart und Verdi in Brünn zu sehen

Neben den beiden mährischen Komponisten Janáček und Martinů begleiten die Opernliebhanber in Brünn auch die altbekannten Meister. Zwei Produktionen, die in der Saison 2022 zu sehen sein werden, stechen besonders heraus. Zum einen "Die Zauberflöte" von Wolfgang Amadeus Mozart, die am 13. April ihre Premiere feiert. Die neue Zauberflöte ist die erste Operninszenierung des herausragenden Schauspielers und Regisseurs Miroslav Krobot, dessen Wirken am Theater in Dejvice eine ganz eigene Ära war. Dort begegnete er auch erstmals Mozarts populärster Oper und brachte sie mit seinem Ensemble aus Dejvice in einer eigenen Adaption mit großem Erfolg im Jahr 2003 auf die Bühne. "Die Zauberflöte ist eine Geschichte von der Hoffnung in Zeiten einer dramatischen Trennung. Es ist eine Geschichte mit glücklichem Ausgang. Wir wollen uns durch die Vielfalt der Musik Mozarts und durch das komödiantische Potential des Librettos inspirieren lassen und eine visuell, musikalisch und schauspielerisch attraktive Inszenierung einstudieren. Statt auf der Ebene des Märchens oder des Mysterienspiels möchten wir uns eher in der eigenwilligen Welt des Fantasy-Genres bewegen," so Regisseur Krobot.

Am 17. Juni steht die Premiere des "Othello" von Giuseppe Verdi unter der Regie von Martin Glaser an. Diese Oper kehrt nach mehr als 30 Jahren auf die Brünner Bühne zurück. 


Weitere Links:

Nationaltheater Brünn (ND Brno): https://www.ndbrno.cz/de/
Janáček-Festival 2.-20.11.2022: https://janacek-brno.cz/de/