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Der nächste Kurzzeitminister musste die tschechische Regierung verlassen. Keine zehn Monate konnte sich der ehemalige Sozialdemokrat und von ANO unterstützte, parteifreie Jurist als oberster Verantwortlicher für die Verkehrsagenden des Landes halten. Kremlík scheiterte an der digitalen Umsetzung des Vertriebes der elektronischen Vignette. Die Vergabe des Auftrages für das IT-System rund um den Onlinekauf der virtuellen Autobahnmaut-Vignetten war zu intransparent und kostete dem Staat zu viel Geld, beklagte Premier Babiš. Laut der Wochenzeitung "Respekt" besteht in dieser Causa auch ein erhebliches Datenschutzproblem. In der ursprünglichen Ausschreibung war davon die Rede, dass das neue System für die Sicherheitsbehörden Daten darüber speichern soll, wann und wohin welches Auto auf den Straßen fährt. Derzeit sei laut "Respekt" nicht klar, ob diese Funktion ins neue System übernommen worden ist. 401 Millionen Kronen (16 Millionen Euro) soll dieser Onlineshop samt Zahlungs- und Kontrollsystem kosten.
 
Um gegen den millionenteuren Shop zu demonstrieren, haben sich vergangenes Wochenende knapp hundert Programmierer zu einem "Hackathon" zusammengefunden und innerhalb von 48 Stunden einen voll funktionsfähigen Onlineshop mit Namen "Fér známka (Faire Vignette)" programmiert und der tschechischen Regierung symbolisch geschenkt. "Falls wir eine Rechnung ausstellen müssen, wird auf der Rechnung eine Null stehen", sagte Organisator Tomáš Vondráček gegenüber der Tageszeitung "Právo". Der neue Verkehrsminister scheint dem Angebot nicht negativ gegenüberzustehen. "Das System muss in den nächsten Tagen noch einen Belastungstest bestehen, aber es sieht nicht schlecht aus", meinte Havlíček.
 
"Ich habe nur versucht, die digitale PKW-Maut möglichst schnell umzusetzen", rechtfertigte sich Kremlík gegenüber den Anschuldigungen. Babiš legte auch dem leitenden Sekretär für IT-Fragen, Tomáš Čoček, den Rücktritt nahe. "Sein Auftreten war absolut unannehmbar. Gerade er war im Ministerium für den Bereich IT zuständig. Selbstverständlich bin ich zudem der Meinung, dass der Chef des staatlichen Verkehrsinvestitionsfonds, Zbyněk Hořelica, zurücktreten sollte", sagte der Premier. Kurz vor Redaktionsschluss meldeten allerdings die "Hospodářské novony", dass der neue Superminister Havlíček die beiden Angesprochenen im Amt belassen möchte.
 
Im Zuge der Entlassung Kremlíks plädierte Babiš für eine Verkleinerung seiner Regierungsmannschaft. Die Fusion von Wirtschafts- und Verkehrsministerium soll erst der Anfang sein. Mittelfristig möchte der ANO-Chef auch das Regionenministerium, das derzeit von der parteifreien, für ANO arbeitenden Klára Dostálová geleitet wird, ebenfalls ins Mega-Wirtschaftsministerium eingliedern. Auch bei den Ministerien für Soziales und Gesundheit hätte eine Zusammenlegung "eine gewisse Logik", sagte Babiš gegenüber den tschechischen Medien. Die Crux an der Sache: Während die Gesundheit vom ANO-"Parteifreien", Ex-ODS-Politiker Adam Vojtěch geführt wird, steht dem Sozialressort die sozialdemokratische Personalhoffnung Jana Maláčová vor. Ein erbitterter koalitionsinterner Kampf um die politische Macht im neuen, fusionierten Ministerium wäre die Folge. ČSSD-Chef und Vizepremier Jan Hamáček reagierte mit Verwunderung auf die Zusammenlegungspläne des Premiers. Er sieht in der Ressortdiskussion ein reines Ablenkungsmanöver, um die Aufmerksamkeit von Medien und Bevölkerung von dem Skandal im Verkehrsministerium abzuwenden.
 
In den bisherigen Regierungen war das Verkehrsressort stets ein politisch brisantes Ministerium. Mit Karel Havlíček ist bereits der neunzehnte Verkehrsminister seit Gründung der Tschechischen Republik 1993 am Werk. Die durchschnittliche Amtszeit der Minister wird in Monaten, nicht in Jahren gemessen, einzig Kremlíks Vorgänger Dan Ťok konnte sich mit knapp über vier Jahren am längsten im Amt behaupten.
Babiš schafft ein "Mega-Ministerium"
30.01.2020
Bild: ferznamka.cz
Nach der Entlassung des glücklosen Verkehrsministers Vladimír Kremlík am 23. Jänner 2020 lehnte es Premier Andrej Babiš (ANO) ab, einen Nachfolger zu nominieren. Babiš hat Wirtschaftsminister Karel Havlíček mit der Leitung des Verkehrsressorts betraut und durch die Fusion ein "Mega-Ministerium" geschaffen. Dem offiziell parteilosen, aber in Abhängigkeit von ANO stehenden Minister unterstehen künftig der Bereich Handel, der große Industriesektor und die Verkehrs- und Infrastrukturagenden. Babiš möchte auch das Regionenministerium abschaffen und die Regionalförderung ebenfalls dem Superministerium zuschlagen. Der sozialdemokratische Koalitionspartner reagiert mit Verwunderung.
faire-vignette
4.2., 19h
Restaurace Sněmovna
Prag 1, Jakubská 5

5.2., 18.30
U Medvídků
Prag 1, Na Perštýně 7

12.2., 9.30
DTIHK-Kuppel
Prag 1, Václavské nám. 40
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ENGLISCHSPRACHIGE VERANSTALTUNGEN
IN TSCHECHIEN:

4.2., 12h
AmCham Prague
Prague 1, Dušní 10

12.2., 18h
Art Nouveau Palace Hotel
Prague 1, Panská 12
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