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Region Vysočina zeigte Flagge in Wien
Es kommt nicht oft vor, dass eine tschechische Region einen Tag lang in Wien im Mittelpunkt des Interesses steht. Die Hochlandregion (tschech. Vysočina) hatte am 26. September die Gelegenheit für eine umfassende Präsentation. Am Vormittag drehte sich alles um den Tourismus in dem an Attraktionen reichen Land. Der "Wenzelskirtag", der traditionelle Empfang in der Tschechischen Botschaft Wien zum Wenzelsfeiertag, bot den geladenen Gästen eine Gelegenheit, die komplette Bandbreite der Kulinarik das Hochlandes zu verkosten.
Die für Tourismus zuständige
Kreisrätin der Vysočina, Jana Fischerová, und die Direktorin von
CzechTourism Wien, Yvette Polasek, gaben einen Überblick über die
touristische Vielfalt der Region. Da sind vier
UNESCO-Weltkulturerbestätten auf engsten Raum zu bestaunen,
historische Städte, Burgen, Schlösser und Klöster. Die Hauptstadt
Iglau (Jihlava) war lange Jahre Heimatstadt des Komponisten Gustav
Mahler. Heute bietet sie ihren Besuchern übers Jahr ein umfassendes
Kulturangebot. Auch Naturliebhaber kommen in der ländlich geprägten
Region auf ihre Kosten: Von Radwegen durch das sanfte Gelände über
Badefreuden in den Stauseen bis hin zu Wintersport im Mekka des
nordischen Skilaufes und des Biathlon, Nové Město na Moravě.
Die Nähe Österreichs zu Vysočina ist
ein Vorteil, was die Anzahl der Nächtigungen anlangt, kann es aber
auch ein Nachteil sein. Denn viele Österreicher nutzen das Hochland
für Tagesausflüge und kehren am Abend wieder nach Hause zurück.
Tomáš Čihák, Direktor des Vysočina-Tourismus, verdeutlichte die
Zahlen. Von den über 79.000 Nächtigungen ausländischer Gäste in
den Hotels, Pensionen, Privatunterkünften und Campinganlagen im Jahr
2018, wurden lediglich 2.886 von Österreichern getätigt. Sogar aus
dem über 1.000 Kilometer entfernten Holland kommen wesentlich mehr
Nächtigungsgäste, als aus Österreich.
Bild: Powidl.eu/Stefan Weiß
Tourismus-Kreisrätin der Region Vysočina Jana Fischerová (l.) und CzechTourism Wien-Direktorin Yvette Polasek (r.)
Am Abend luden die tschechische Botschafterin in Wien, Ivana Červenková und der Hejtman von Vysočina, Jiří Běhounek, zur Wenzelsfeier in die Räumlichkeiten des Botschaftspalais samt zugehörigen Garten. "Heuer begrüßen wir die Region Vysočina, die zwar nicht durch eine gemeinsame Grenze, aber durch die geographische Nähe zu Österreich und vor allem durch viel Engagement zu einem begeisterten Nachbar und Partner der Länder Niederösterreich, Oberösterreich und Wien wurde", so Botschafterin Červenková in ihrem Geleitwort. "Wenn ich sagen sollte, was in der Region Vysočina das Wichtigste ist, dann sind das vor allem die gastfreundlichen Menschen. Kommen Sie zu uns nach Vysočina, wo Sie angenehme Momente verbringen und Unvergessliches erleben können", erwiderte Běhounek.
Wieso Gina?
Glosse von Stefan Weiß über ein Highland voller Highlights
Wieso Gina?? Fragen werfen sich bei dem in böhmischer und mährischer Topographie traditionell schwächelnden Österreicher auf, hört er den Namen "Vysočina", die junge, erst nach der Wende aus Teilen Ostböhmens und Südmährens gebildete Hochlandregion. Auch viele von ihnen, die auf dem Weg nach Prag die Vysočina durchquert haben, wissen nur wenig über das Land nördlich von Znaim und westlich von Brünn. Das böhmisch-mährische Hochland ist in den österreichischen Medien kaum präsent, lediglich ein Ort der Vysočina wird häufig in der Berichterstattung erwähnt: Dukovany mit seinem bei den Österreichern nicht unbedingt beliebten Atomkraftwerk.
Das ist schade, denn das Hochland in Tschechien ist ein Highland voller Highlights. Ein Vergleich mit den schottischen Highlands ist gar nicht so abwegig. Auch hier haben die Menschen einen kauzigen Lebensstil entwickelt, sind skeptisch gegenüber allem, was aus der fernen Hauptstadt kommt, tragen lange Haare und wilde Bärte und fühlen sich scheinbar auch bei Minusgraden im kurzärmeligen T-Shirt wohl. Röcke tragen die Männer zwar keine, aber der noch sehr junge Single Malt Whisky, der in der Vysočina gebrannt wird, braucht den Vergleich zu den Produkten aus Schottland nicht zu scheuen.
Die Namen der Dörfer sind für Ausländer kaum auszusprechen, und sollte jemals eine Studie in Auftrag gegeben werden, welche Region den höchsten Hatschek-Verbrauch pro Ortstafel hat, so ist man hier gewiss auf der Siegerseite - von Příštpo über Třebíč bis Náměšť und Meziříčí. Von der halben Million "Highlander" Tschechiens lebt der größere Teil in Gemeinden unter 500 Einwohnern. Es geht also recht ländlich und beschaulich zu in der Vysočina. Die wirtschaftliche Realität saugt zudem noch junge Menschen in Richtung der Ballungszentren Prag und Brünn ab und macht die Region zu einer von der Abwanderung besonders stark betroffenen Gegend in Tschechien. Die Regionshauptstadt Iglau und die Bezirksstädte sind zu klein, um diese Tendenzen abzumildern.
Gleichzeitig sind Ruhe und Beschaulichkeit ein wichtiges Kapital für die Region. Nur anderthalb Autostunden von der Großstadt Wien kann man in eine völlig andere Welt abtauchen, in der Hektik und Zeitdruck etwas Unbekanntes sind. Wo die Natur in ihrer Schönheit und Vielfalt zum Entspannen und Regenerieren einlädt, und wo man oftmals auch über die unzureichende touristische Infrastruktur hinwegsehen sollte. Vysočina weist eine hohe Dichte an kulturellen Schätzen auf. Einige von ihnen sind schon gehoben, restauriert und in ihrer vollen Pracht zu bewundern. Vieles ist noch im Dornröschenschlaf und bereichert das künftige touristische Potenzial.
Wie gehen die Tourismus-Verantwortlichen vor Ort mit diesem Potenzial um? Wieso sind die Sehenswürdigkeiten der Vysočina in Wien und Niederösterreich derart unbekannt? Die Nächtigungsstatistik weist Zahlen auf, die nachdenklich machen: Aus dem über 1.000 Kilometer entfernten Holland kommen mehr nächtigende Touristen als aus Österreich ums Eck! 2.886 rotweißrote Nächtigungen (bei leicht fallender Tendenz) im vergangenen Jahr, das bedeutet, nur 7,9 Österreicher belegen durchschnittlich pro Nacht die Hotelbetten der gesamten Region. Dass hier noch viel Luft nach oben ist, sollte den Verantwortlichen zu denken geben. Hier ist vor allem die örtliche Kommunalpolitik gefordert, die einen geringen Teil ihres Werbebudgets auch einmal in professionelle deutschsprachige Präsentationen ihrer Gemeinden stecken sollten. Holprige Texte wie "Der malerische Charakter der Landschaft und die saubere Natur bieten günstige Bedingungen für Relaxation und aktive Erholung in der Form des Tourismus oder Radsports." [(C) Tourismusportal einer Stadt mit UNESCO-Weltkulturerbe] sind kaum geeignet, Touristen aus dem Nachbarland in Scharen anzulocken.
Historische Städte mit einzigartigen Marktplätzen, Burgen, Schlösser und Ruinen als Zeitzeugen vergangener Epochen, viel Natur und wenig Industrie, das alles charakterisiert die Vysočina. Dazu kommt eine Vielzahl von kleinen, aber feinen Kulturveranstaltungen, Konzerten oder Ausstellungen.
Das alles liegt den Österreichern quasi vor der Haustür. Entdecken sollte man das Ländchen am besten auf eigene Faust. Es reicht schon für den Anfang, wenn man auf dem Weg nach Prag einen kleinen Umweg über Telč, Jaroměřice oder die zweifache UNESCO-Stadt Třebíč in Kauf nimmt, um auf den Geschmack zu kommen.
"Wenzelskirtag" in der Tschechischen Botschaft Wien - im Zeichen der Region Vysočina
Bild: Powidl.eu/Stefan Weiß