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Deutsche Sprache in der Abseitsfalle?
Die prorussischen Stimmen werden in
Tschechien immer leiser. Am 17. April 2021 veröffentlichte der
tschechische Geheimdienst einen Bericht, wonach die Mitarbeiter der
russischen Botschaft in Prag, Anatolij Tschepiga und Aleksandr
Mischkin, für die Explosionen auf dem Munitionsdepot Vrbětice im Jahr 2014
verantwortlich seien. Bei dem Anschlag wurden damals zwei Personen
getötet, auf dem Gelände lagerte Munition, die für die ukrainische
Armee im Donbas-Konflikt bestimmt war. Laut der tschechischer Polizei
besteht bei den Hauptverdächtigen auch der Verdacht, am Attentat auf
den Ex-Agenten Sergej Skripal und dessen Tochter im englischen
Salisbury beteiligt gewesen zu sein.
Die tschechische Regierung beschloss
noch am selben Tag in einem außerordentlichen Ministerrat die
Ausweisung von 18 Mitarbeitern der russischen Botschaft, die von den
tschechischen Geheimdiensten eindeutig als Agenten von GRU und SVR
enttarnt worden sind. Premier Andrej Babiš informierte den
russischen Botschafter Aleksandr Zmejewskij von diesem Schritt und
teilte dem Vorsitzenden des Europäischen Rates, Charles Michel, die
neuen Erkenntnisse mit. Im Ministerrat wurde weiters beschlossen, dass
im Fall einer Beteiligung des GRU am Anschlag von Vrbětice das
russische Unternehmen Rosatom vom Bieterverfahren rund um den
Reaktorneubau im AKW Dukovany ausgeschlossen wird.
Am Tag der Veröffentlichung des
Berichtes kam es vor der Russischen Botschaft in Prag zu
Protestkundgebungen. Russland bezeichnete die Erkenntnisse des
tschechischen Geheimdienstes als "absurd". "Glauben
sie Russland hat nichts Besseres zu tun als einige Lagerhäuser in
die Luft zu jagen? Wir haben Tschechien nie als unseren Gegner
angesehen", entgegnete der Vorsitzende des außenpolitischen
Ausschusses, Wladimir Dschabarow. Er beschuldigte die USA, den
Vrbětice-Bericht "erfunden" zu haben. Russland reagierte
auf die tschechischen Maßnahmen mit der Ausweisung von 20 Diplomaten
aus der Botschaft in Moskau. Diese dürfen aber bis auf Weiteres das
Land nicht verlassen.
Jakub Kulhánek, der am Mittwoch, dem
21. April das Amt des Außenministers übernommen hat, setzte ein
Ultimatum, dass bis 22. April die Rückkehr der tschechischen
Diplomaten ermöglichen sollte. "Angesichts der Größe der
Botschaft wird die Ausweisung von 18 Mitarbeitern die Funktionsweise
der Vertretung in Prag nicht gefährden. Die Gegenreaktion war aber
unverhältnismäßig und hat unsere Botschaft in Moskau de facto
gelähmt", erklärte er. Tschechien werde andernfalls zwei
weitere russische Botschaftsmitarbeiter ausweisen, sagte Kulhánek
nach einem Treffen mit Botschafter Zmejewskij. Gleichzeitig
informierte der Außenminister auch NATO-Gemeralrekretär Jens
Stoltenberg über die jüngsten Entwicklungen. Russland ließ das
Ultimatum verstreichen, Informationen über das weitere Vorgehen
lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
"Schwerster Angriff auf das
Land seit 1968"
Dass die Botschaft in Prag, aber auch
russische Botschaften in anderen europäischen Ländern eine
Spielwiese für Kreml-Agenten geworden ist, die im Schutze der
Diplomatie ihren Tätigkeiten nachgehen können, wird immer mehr zu
einem Problem von EU und NATO. So ist ein länderüberspannendes
Netzwerk entstanden, das der russischen Staatsmacht die Einflussnahme
und die Ausübung von politischem und wirtschaftlichem Druck auf
europäische Staaten erleichtert. Im Falle der Sprengungen von
Vrbětice hat die Eskalation eine höhere Stufe erreicht. "Die
Beteiligung des russischen Geheimdienstes am Tod zweier Tschechen und
an der Verwüstung des Areals ist so alarmierend und inakzeptabel,
dass man sie nicht ignorieren darf", kommentiert die unabhängige
Tageszeitung "Deník N". Petr Pavel, der bis 2018
ranghöchster Militär der NATO gewesen ist, spricht über den
Anschlag als "staatsterroristischen Akt".
Ähnlich scharf formuliert die
oppositionelle Bürgerpartei ODS die Entwicklungen. Senatspräsident
Miloš Vystrčil und Parteichef Petr Fiala werfen der russischen
Führung Staatsterrorismus vor. Der Vorsitzende des Außenpolitische
Ausschusses im Parlament, Ondřej Veselý von den Sozialdemokraten
sprach vom "schwersten Angriff auf die Tschechische Republik
seit 1968". Sein Parteikollege Tomáš Petříček, der bis vor
wenigen Tagen noch Außenminister war, forderte neben dem Ausschluss
russischer Unternehmen vom Reaktorneubau Dukovany auch einen Verzicht
auf den Covid-Impfstaff Sputnik V. "Sicherheitsrisiken müssen
wir ernst nehmen, wir dürfen nicht warten, bis etwas passiert.
Ebenso muss der russische Hybridkrieg rund um den Impfstoff abgelehnt
werden", sagte Petříček.
Die Piraten unterstützten in einer
Reaktion die Aktionen der Regierung. "Die Schritte sind adäquat
und wir erwarten weitere", sagte Parteichef Ivan Bartoš.
"Russland hat sich nie damit abgefunden, dass wir uns außerhalb
ihres Einflussbereichs befinden. Er führt einen Krieg gegen uns und
heute haben wir nur einen Teil ihrer terroristischen Aktivitäten
erfahren", kommentierte die Chefin der liberalen Partei TOP'09,
Markéta Pekarová Adamová die Lage. Der Chef der rechtsextremen
Partei SPD, Tomio Okamura, verlangte nach eindeutigen Beweisen. Vom
kremlfreundlichen und ansonsten sehr wortgewaltigen Staatspräsidenten
Miloš Zeman hörte man in diesen Tagen nicht viel. Lediglich sein
Sprecher Jiří Ovčáček verkündete die Nachricht des Präsidenten,
"die höchsten Staatsorgane werden zusammenarbeiten". Als
einzige Fraktion sprachen sich die Kommunisten gegen die Ausweisung
der russischen Diplomaten aus. "Solche Informationen haben für
mich mehr Fragen als Antworten. Nach sieben Jahren erscheint mir das
Ganze sehr unwahrscheinlich. Es riecht eher nach Geheimdienst, als
nach Polizeiarbeit", sagte Parteichef Vojtěch Filip.
Erst mit Verzögerungen kam die Causa
Vrbětice am 21. April auch auf EU-Ebene aufs Tapet. Es wurde eine gemeinsamen Erklärung aller 27 EU-Staaten verabschiedet, in der es hieß, die EU
stehe hinter den Ausweisungen der russischen Botschaftsmitarbeiter.
Die EU unterstütze Tschechien bei der Verfolgung der
Verantwortlichen für diesen Anschlag und verurteile die Drohungen
aus Moskau. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrel zeigte sich
"beunruhigt über die Verletzung der tschechischen
Souveränität".
Diplomatenkrieg mit
Russland eskaliert
Mehr als turbulent entwickelte sich
das Verhältnis zwischen der Tschechischen Republik und Russland
während der letzten Tage. Nachdem ein Zusammenhang zwischen den
Explosionen auf einem Munitionsdepot im mährischen Vrbětice und den
Aktivitäten des Geheimdienstes GRU nachgewiesen worden war,
reagierte Prag mit der Ausweisung von 18 Mitarbeitern der russischen
Botschaft, denen die Durchführung des Anschlages im Schutz der
Diplomatie vorgeworfen werden. Der Kreml wiederum wies 20
tschechische Botschafts-mitarbeiter in Moskau aus, hält diese aber in
Russland fest. Der neue Außenminister Jakub Kulhánek (ČSSD), der
am 21. April sein Amt antrat, steht somit vor seiner ersten
Feuerprobe.
AUFGRUND DER AKTUELLEN COVIDMASSNAHMEN MUSS DIE RUBRIK
"WIRTSCHAFTS-VERANSTALTUNGEN"
LEIDER AUSFALLEN
Gesundheitsminister Blatný
Bild: Autor: I, Krokodyl, CC BY 2.5
Russische Botschaft am Prager Boris-Nemzow-Platz