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AKTUALISIERT
Die Welt in der Dauerkrise. Eine zwei Jahre anhaltende Pandemie samt ihren gesellschaftlichen und ökonomischen Folgewirkungen, ein Angriffskrieg mitten in Europa, der in seiner Brutalität unerkannte Ausmaße annimmt, und der droht, in einen apokalyptischen Atomkrieg zu enden; dazu die Probleme des Klimawandels, der andauernde Vergiftung des Planeten, Migrationsströme, Fake News, Manipulationen, die Gefahren des Populismus für unsere Demokratien. Es waren die ganz großen Sorgen unserer Zeit, die da auf dem 14. Mediengipfel in Lech am Arlberg reflektiert worden sind.
Europäischer Mediengipfel Lech: "Zeitenwende - unsere Welt im Ausnahmezustand"
05.05.2022
NETWORKING IN TSCHECHIEN:
Gleich im ersten Panel des Forums kam der ukrainische Politologe Sergiy Kudelia zu Wort. Er verdeutlichte, dass die Tragödie in seinem Heimatland das politische Europa fordert, zu seinen Wurzeln der Gründungsjahre zurückzufinden. "2022 wird sicherlich als das Jahr eines weiteren, sinnlosen Krieges in Europa in Erinnerung bleiben. Es könnte aber auch als jener Moment in Erinnerung bleiben, als die Europäische Union ihren Sinn und Zweck - die Bereitschaft, auf Grundlage ihrer Werte und im Einklang ihrer ursprünglichen Vision aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges zu agieren - neu belebt", sagte Kudelia. Die EU-Kommissions-Vizepräsidentin aus Tschechien und Kommissarin für europäische Werte, Věra Jourová, konnte aufgrund einer technischen Panne bei ihrer Videoschaltung leider nicht auf das Referat Kudelias eingehen.

Der österreichische Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, beleuchtete die Kriegssituation aus der Perspektive der Alpenrepublik. Karas skizzierte Österreichs Position im Hinblick auf Neutralität und der hohen Abhängigkeit des Landes von russischem Erdgas. Der Europaparlamentarier prägte den Begriff "Historische Notsituation". Im Gespräch mit der ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter plädierte er dafür, der Ukraine so bald wie möglich den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu gewähren. "Wir haben Krieg in der Ukraine und wir müssen ein klares Signal setzen, dass sie eine Beitrittsperspektive hat", so Karas. Eine Position, die anderthalb Tage später von Parteikollegen, Ex-Bundeskanzler und aktuell amtierendem Außenminister Alexander Schallenberg wieder in Frage gestellt werden wird.

Die Praxis und die Auswirkungen des Krieges behandelte die darauffolgende Expertenrunde, die von Susanne Glass vom Bayerischen Rundfunk zusammen mit dem Präsidenten der Auslandspresse in Wien, Ivo Mijnssen, geleitet wurde. Per Videoschaltung war der freie ukrainische Journalist Denis Trubetskoy aus seiner Heimatstadt Lemberg in die Diskussion involviert und berichtete vom Alltag des Krieges in der Ukraine. Trubetskoy zeigte sich nur wenig optimistisch, was ein schnelles Kriegsende anlangt. Politologe Kudelia glaubt nicht daran, dass sich die aktuelle Situation zu einem Weltkrieg entwickeln wird. Russland werde die NATO-Grenzen respektieren, meinte er. Wirtschaftsforscher Gabriel Felbermayr (WIFO) sieht durch den Krieg den Trend zur Verarmung größerer Bevölkerungsteile beschleunigt.

Fake News, Social Media und Jugendproteste standen am zweiten Tag des Mediengipfels im Vordergrund. Dass gefakte Nachrichten auch abseits des Krieges vermehrt zur Anwendung kommen, verdeutlichte Benedikt Narodoslawsky, Journalist und Autor des Buches "Inside Fridays for Future". Soziale Medien sind bei der Mobilisierung sowohl von Protestierenden, als auch von den Gegnern der Proteste, heute nicht mehr wegzudenken, ist es überzeugt. Er berichtete über einen zurückliegenden Fall. Nach einer Fridays-for-Future-Demo tauchten in den Sozialen Medien Fotos von vermüllten Straßen auf, die belegen sollten, wie wenig die Klimademonstranten auf die Umwelt achten. Experten für Fake News entlarvten die Fotos als Bilder vom Müllarbeiterstreik in Neapel, die mit der Demo absolut nichts zu tun hatten. Fake News gilt es anzuprangern, so Narodoslawsky. Dem schloss sich auch Nataliya Niederkofler an. Sie ist Mitglied des Krisen-Koordinationsstabes der Ukrainischen Gemeinschaft in Innsbruck. "Normalerweise sollten wir den Medien vertrauen, dies ist in Russland nicht der Fall", so Niederkofler. Dort sei es aussichtslos, gegen die Propaganda der Regierung zu protestieren.

Beim Gespräch über die verschiedenen Methoden der Einschüchterung der Journalisteinnen und Journalisten beteiligte sich unter anderem Matthew Caruana Galizia, Direktor der Daphne Caruana Galizia Foundation. Der Journalist hat einen persönlichen Bezug zum Thema, da seine Mutter, die ebenfalls Journalistin war, in Zuge einer Investigationsgeschichte ermordet wurde. "Je mehr man seinen Job richtig macht, desto mehr Aufmerksamkeit und gerichtliche Prozesse bringt das mit sich", erklärte der Journalist. Es sei wichtig, die Art zu ändern, wie die EU die Korruption bekämpfe. Die Redakteurinnen und Redakteure würden sich weltweit miteinander vernetzen, sich austauschen und zusammenarbeiten. Das fehle der Polizei, schilderte Galizia. Die Behörden würden nicht miteinander kommunizieren: "Sie müssen diesbezüglich noch einiges aufholen." Florian Skrabal, Chefredakteur von "Dossier", erklärte drei Formen der Einschüchterung: "Als Erstes versucht man, den Journalisten von der Arbeit abzuhalten und verwehrt ihm den Zugang zu gewissen Veranstaltungen. Dann entzieht man die Inserate, die wichtig für die Wirtschaftslage der Zeitung sind. Und als drittes Hindernis steht der gerichtliche Prozess, dem man sich stellen muss und der Geld kostet." Korruption sei überall in den Medien verbreitet - auch in Polen. Bogusław Chrabota, Chefredakteur von Rzeczpospolita Daily News in Polen, berichtet, dass ein großer Anteil an Bundesgeldern in gewisse Medien einfließe, um sie so abhängig von deren Unterstützung zu machen und die Beiträge zu kontrollieren. Jedoch würden einige Widerstand leisten: "Die Regierung stellt sich gegen die Pressefreiheit, aber wir haben trotzdem eine große Zahl an unabhängigen Medien, die dagegenhalten. Wir werden vom Staat unterdrückt, aber wir beschützen unsere Freiheit", so Chrabota.

Der bekannte Politologe Peter Filzmaier rückte das Thema Medienkompetenz in den Mittelpunkt seiner Keynote. Der Medienkonsument stehe vor dem Problem der "kommunikativen Überfrachtung". Der Nutzer wird ob der Vielzahl der Kanäle schlichtweg überfordert. Dies öffnet wiederum der Desinformation und der Manipulation durch Verschwörungstheorien Tür und Tor. "Nur Bildung ist die Lösung", appellierte Filzmaier. In den Schulen wird jedoch in den seltensten Fällen der richtige Umgang mit Medien gelehrt, stellte er fest.

"Krise! Leben im Ausnahmezustand" war der Titel einer interessanten Diskussion, in der es um die sozialen Auswirkungen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg ging. Die Philosophin Lisz Hirn stellte den Verlust des Wohlstandes in den Raum. "Wir haben keinen innovativen Ansatz, fallen immer wieder in ein Schwarz-Weiß-Denken zurück", stellte sie fest. Migrationsexperte Gerald Knaus wies darauf hin, dass im medialen Windschatten der Ukraine weltweit viele andere Kriege toben. Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober ließ seine Amtszeit als Regierungsmitglied zu Beginn der Pandemie im Spannungsfeld zwischen Expertenmeinungen und dem engen Spielraum für Entscheidungen als Politiker revue passieren.

Den größten medialen Niederschlag fand die bereits erwähnte Pressestunde am Abschlusstag mit Außenminister Alexander Schallenberg. Seine Haltung, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten nicht zu gewähren, löste europaweit Kritik aus. Schallenbergs Regierungskollege, Arbeitsminister Martin Kocher, beantwortete die Fragen des ORF-Journalisten Hans Bürger rund um das Thema Ukraine-Flüchtlinge. Kocher sieht in der gegebenen, tristen Situation auch eine Chance, mittels der Flüchtlinge den Fachkräftemangel in Österreich zu lindern.

Die Tourismusgemeinde Lech, der Verband der Auslandspresse in Österreich und die Kommunikationsagentur pro.media luden heuer bereits zum vierzehnten Mal renommierte europäische Vertreter aus Medien, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik nach Lech am Arlberg, um sich abseits von Großstadthektik und Büroalltag in der Gebirgsidylle des Arlberggebietes in einem dreitägigen Diskussionsforum mit den brennenden Fragen Europas zwischen gestern und morgen auszutauschen.
17.-20.5.
Messe Brünn
Brünn, Výstaviště 1

17.5., 10h
Mánesgalerie
Prag 1, Masarykovo nábř. 1

18.5., 8.30
CIIRC
Prag 6,
Jugoslávských partyzánů 5
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ENGLISCHSPRACHIGE VERANSTALTUNGEN
IN TSCHECHIEN:

23.5., 9h
British Chamber
Prague 1, 
Václavské nám. 19 

26.5., 17h
Hotel Atwyn
Prague 8, Vítkova 26
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Bild: Lech Zürs Tourismus GmbH/APA-Fotoservice/Lechner
Keynotes und Diskussionen im Sportpark Lech
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