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Premierminister Petr Fiala (ODS) diskutierte mit dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer über die bilateralen Beziehungen, die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und die europäische Agenda. Ein weiteres Thema des Treffens in Prag waren die abschließenden Vorbereitungen für die tschechische EU-Ratspräsidentschaft, die von Juli bis Dezember dieses Jahres dauern wird. Vor allem aber ging es um die Energiekrise. Beide Regierungschefs nannten den Ausbau der TAL-Pipeline ein Primärziel. Der österreichische Bundeskanzler erklärte bei dieser Gelegenheit erneut, dass sein Land nicht beabsichtige, der NATO beizutreten.
Nehammer in Prag:
"Gasembargo kommt
nicht in Frage"
NETWORKING IN TSCHECHIEN:
Fiala lud Nehammer bei deren ersten
Begegnung in Brüssel im Februar dieses Jahres nach Prag ein.
Angesichts der Folgen des Ukrainekrieges stand der Staatsbesuch ganz
im Zeichen der Frage der Energiesicherheit. Der Gast aus Österreich
stellte dabei einmal mehr die ablehnende Haltung seiner Regierung zum
Thema Kernenergie heraus. "Wir haben unterschiedliche Positionen
zur Kernenergie. Österreich hat sich in den 1970er-Jahren gegen die
Kernenergie ausgesprochen, hat aber eine günstigere geografische
Lage, um die Kraft von Wasser, Sonne, Wind und Biomasse zu nutzen",
sagte Nehammer nach dem Treffen.
Fiala antwortete, er verstehe den
Standpunkt Österreichs. Er verwies gegenüber dem Bundeskanzler an
die Zusammensetzung des tschechischen Energiemixes und an die Gründe,
warum die Kernenergie für die Tschechische Republik wichtig ist.
Ohne Atomkraft könne Tschechien nicht bis 2033 aus der Kohlekraft
aussteigen, so Fiala. Er versicherte Nehammer, dass sich sein Land so
genau wie möglich an die Sicherheitsstandards halte. "Die
Tschechische Republik ist nicht gleichgültig gegenüber den Sorgen
der Nachbarländer", sagte der Premier.
Prinzipielle Einigkeit herrschte
zwischen Fiala und Nehammer über die Notwendigkeit eines Ausbaus der
Transalpinen Ölpipeline TAL, die Öl vom italienischen Hafen Triest
zu Raffinerien in Österreich, Tschechien und Deutschland liefert.
"Ich schätze es sehr, dass der Bundeskanzler bereit ist, unsere
Bemühungen um den Ausbau der TAL-Pipeline mit seiner Autorität zu
unterstützen, damit wir in Zukunft über ausreichende Ölkapazitäten
verfügen, falls aus irgendeinem Grund kein Öl aus Russland mehr
kommt.", sagte Fiala.
Vor dem Hintergrund eines möglichen
EU-Embargos für Öleinfuhren aus Russland, die hauptsächlich über
die Druschba-Pipeline in die Tschechische Republik fließen, ist eine
stärkere Nutzung der TAL-Pipeline im Gespräch. Die Tschechische
Republik ist über die IKL-Pipeline mit der TAL verbunden, die nach
Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel im vergangenen
Jahr rund 51 Prozent der tschechischen Ölimporte von 6,8 Millionen
Tonnen ausmachte.
Fiala und Nehammer erörterten auch
Möglichkeiten zur Verringerung der Abhängigkeit von russischem Gas,
die in beiden Ländern hoch ist. "Wir waren uns einig, dass wir
mit Ländern zusammenarbeiten müssen, die in der Lage sind, neue
LNG-Terminals zu bauen, ihre Kapazitäten zu erweitern und neue
Terminals zu errichten", sagte Fiala. Österreich befinde sich
in einer besonderen Situation, da es über eine der größten
Gasspeicherkapazitäten in Europa verfüge. "Wir haben auch
darüber gesprochen, wie die Tschechische Republik die Kapazitäten
nutzen könnte. Das ist nicht nur eine politische Frage, denn die
Tanks sind in Privatbesitz, und man muss mit den Eigentümern
verhandeln", fügte der tschechische Premierminister hinzu.
Sollten, aus welchen Gründen auch
immer, die russischen Gaslieferungen nach Europa plötzlich
unterbrochen werden, bevor alternative Kapazitäten aufgebaut sind,
so wäre laut Fiala die Solidarität der anderen europäischen Staaten gegenüber denjenigen Ländern notwendig, die am Ende der
Gasleitungen stehen, keine Häfen haben und nicht in der Lage sind,
die Situation selbst zu lösen. Nehammer bestätigte, dass Österreich
die Bemühungen, russische Gaslieferungen auf die Sanktionsliste zu
setzen, nicht unterstützt. "Ein Gasembargo für unsere beiden
Länder kommt nicht in Frage".
Österreich ist zu achtzig Prozent von
russischen Gasimporten abhängig. Das ist auch der Grund, warum es
möglichen Sanktionen, einschließlich eines Embargos für seine
Einfuhren nach Europa, eher zurückhaltend gegenübersteht. Der
österreichische Bundeskanzler war der erste europäische Politiker,
der während des Krieges in der Ukraine nach Moskau reiste, um mit
dem russischen Staatschef Wladimir Putin über Gaslieferungen zu
sprechen. Es wird spekuliert, dass sein Land das Gas in Rubel
bezahlt, wie es Russland verlangt. Nehammer hat dies mehrmals
dementiert.
Abseits von Fragen der Energiekrise
sprachen die Politiker auch über Themen, bei denen die Länder eher
übereinstimmen, sei es ihre Haltung zur Migration oder die
Bemühungen um eine Erweiterung der EU um die westlichen
Balkanländer. Bundeskanzler Nehammer erinnerte daran, dass die
Tschechische Republik ein wichtiger Partner für sein Land ist,
Österreich ist einer der größten Investoren in diesem Land und der
gegenseitige Handel zwischen den beiden Ländern hat ein Volumen von
14 Milliarden Euro.
Die Regierungschefs wiesen darauf hin,
dass sich die tschechische EU-Ratspräsidentschaft stärker auf den
westlichen Balkan und dessen Integration in die Europäische Union
konzentrieren sollte. Nehammer sagte, die Regionen brauchen
Unterstützung und dürfen wegen des Krieges in der Ukraine nicht
vergessen werden. Fiala ergänzte, dass es sowohl im Interesse der
Tschechischen Republik, als auch Österreichs sei, die Integration der
Westbalkanländer in die EU voranzutreiben. "Dies ist ein
wichtiges Thema für uns, auch weil unsere Präsidentschaft näher
rückt", sagte Fiala.
Bild: Pressedienst österreichisches Bundeskanzleramt
Bundeskanzler Karl Nehammer (l.) und Premier Petr Fiala (r.)